Der Schweizer Actionfotograf Martin Bissig hat seine drei großen Leidenschaften in seinem Beruf kombiniert: Mountainbiking, Reisen und Fotografie. Seit Januar 2019 ist Martin Bissig als zweiter Schweizer offizieller Canon Europe Ambassador. Im Winter war er mit der Canon EOS R auf einem 6.470 Meter hohen Vulkan in Chile unterwegs.
Was hast du dir in Bezug auf die fotografische Ausrüstung für Gedanken gemacht und für welche Produkte hast du dich schlußendlich entschieden?
Ich wusste, dass dieses Mal das Gewicht von großer Bedeutung sein würde. Deshalb habe ich mich komplett für ein spiegelloses System entschieden. In meinem Gepäck war die neue Vollformat-Systemkamera, Canon EOS R mit dem RF 24-105mm Objektiv, die Canon M50 mit dem EF-M 18-150mm Objektiv und die kleine Canon M6 inklusive 11-22mm Objektiv. Drei Kameras wollte ich dabeihaben, um unterwegs nicht noch Objektive wechseln zu müssen. Zudem mussten alle Kameras schnell zugänglich sein. Ich habe die EOS R und die M6 an einem Hüftgurt getragen, die M50 am Rucksackgurt.
Du warst erst zwei Wochen in Besitz der brandneuen Canon EOS R und hast diese als Hauptkamera mitgenommen. Wie hat sich die Kamera unter so extremen Bedingungen bewährt?
Für mich war es schon ein gewisses Risiko, mit einer mir noch relativ unbekannten Kamera so lange zu arbeiten. Davor habe ich aber versucht, die Kamera noch so gut wie möglich durchzutesten und kennenzulernen. Im Vergleich zur Canon EOS 5D Mark IV gibt es doch einige Unterschiede, die man sich zuerst erarbeiten muss. Zum Beispiel an die Touch-Bar muss man sich sicher zuerst mal gewöhnen.
Die Kamera hat zu meiner großen Freude unter den extremen Bedingungen sehr gut funktioniert. Ich hatte vor allem zwei Bedenken: Zum einen die extreme Kälte. Wir sind bei Temperaturen bis zu minus 20 Grad aufgestiegen. Zum anderen war ich im Vorfeld etwas unsicher, wie sich die Bedienung mit Handschuhen gestalten würde.
Zur Kälte: Der Bildschirm wie auch der elektronische Sucher haben unter den extremen Temperaturen überhaupt nicht gelitten und die Kamera habe ich wie gewohnt nutzen können. Ich habe keinen nennenswerten Unterschied zur Spiegelreflexkamera feststellen können, was die Bedienung beziehungsweise die Akkulaufzeit und die Kälte betrafen. Bei der Bedienung mit den Handschuhen war ich ebenfalls etwas skeptisch, was den Touchscreen anbelangt. Ich habe mich deshalb entschieden, die für mich wichtigen Funktionen jeweils stehen zu lassen (Blende / Zeit) und die ISO-Werte zum Beispiel mit dem Objektiring zu verschieben. Den Fokuspunkt habe ich hinten auf dem Display mit dem Daumen gesetzt und das hat wunderbar funktioniert, auch mit Handschuhen.
Was sind die größten Vorteile im Vergleich zum Spiegelreflex System?
Die allergrößten Vorteile sind für mich die Größe und das Gewicht. Bei gleichbleibender Qualität kann ich leichter und kompakter unterwegs sein. Was ich zudem sehr geschätzt habe, war das Klappdisplay. So konnte ich viel einfacher Fotos aus ungewöhnlichen Perspektiven machen.
Hast Du auch Nachteile festgestellt?
Eigentlich nicht. An die neue Bedienung muss man sich zuerst gewöhnen. Hat man sich aber eingearbeitet, gibt es mehr Vor- als Nachteile. Das einzige Feature, welches ich vermisse, ist ein zweiter Kartenslot. Was den Datenverlust angeht, bin ich immer etwas ängstlich. Am liebsten zeichne ich daher auf zwei Karten auf, um auf der sicheren Seite zu sein. Hoffentlich kommt das dann in der nächsten Version.
Du warst mit dem RF 24-105mm unterwegs. Wie schätzt Du die optische Leistung des Objektivs ein?
Für mich ein absolutes Top-Objektiv mit dem Gewicht und der Größe. Für meine Bedürfnisse, gerade auf solchen Expeditionen, qualitativ absolut ausreichend. Den Qualitäts-Kompromiss würde ich auch gerne für ein Objektiv mit Brennweite von zum Beispiel 28-300mm eingehen. Wenn es möglich ist, bis auf das Weitwinkel jeden Bereich abzudecken, würde ich auch mit kleinen Einbußen in der Bildqualität leben können.
Kannst Du etwas zum neuen Bedienkonzept der EOS R sagen? Wie hast Du die Kamera konfiguiert? Setzt Du die Touch-Bar ein? Welche Funktion hat bei Dir der zusätzliche Objektivring?
Ich habe mich lange mit der Touchbar und den Individualisierungen auseinandergesetzt. Die Möglichkeiten sind überwältigend. Ich arbeite fast ausschließlich mit Zeitautomatik und stelle somit die Blende ein. Je nach Tageszeit bin ich oft mit Auto-ISO unterwegs. Die Touchbar benutze ich für die Durchsicht der Bilder und das Markieren der guten Fotos. Den Objektivring nutze ich zur ISO Einstellung.
Hast Du auch EF Objektive adaptiert? Wie hat sich das bewährt?
Zu Beginn schon, als wir noch nicht auf dem Berg waren. Ich hatte das EF 11-24mm drauf. Ich liebe dieses Objektiv. Mit dem Adapterring wird es aber noch länger und schwerer und es besteht eine Unbalance zum kleinen und leichten Body. Deshalb freue ich mich auf die vielen Objektive, welche in der RF Serie erscheinen werden. Dank des neuen Bajonetts können diese ja kleiner und kompakter bzw. noch lichtstärker gebaut werden.
Du hast zusätzlich noch die EOS M6 und die EOS M50 zur Vulkan-Expedition mitgenommen. Wie hast Du diese beiden Kameras eingesetzt?
Die M6 mit dem 11-22mm (entspricht einem 16-33mm Vollformat) habe ich vor allem für die Selfie-Filmaufnahmen genutzt und damit einige Weitwinkel-Shots aufgenommen. Die M50 mit dem 18-150mm (27-225mm Vollformat) habe ich vor allem für Tele-Shots gebraucht. Da muss ich aber schon sagen, dass mir die M50 zu klein und zu spielerisch ist. Das war dann tatsächlich ein Kompromiss. Bereits jetzt ist allerdings klar, dass die EOS R definitiv meine Hauptkamera wird und somit die EOS 5D Mark IV ablöst.
Was sind für Dich die drei wichtigsten Highlights des neuen spiegellosen Vollformat-Systems von Canon?
Die Hauptvorteile sind für mich die Größe und das Gewicht. Des Weiteren erlaubt das neue Bajonett neue Objektive, die kleiner und kompakter sein werden, also auch das ist ein großer Pluspunkt für mich. Nicht zuletzt ist bis zum Erscheinen der neuen Optiken auch der Adapterring eine tolle Sache, mit welchem ich meine bisherigen Objektive weiterhin genau gleich nutzen kann. Ein weiteres Highlight ist für mich das Autofokus-Feld, welches sich nun praktisch über den gesamten Bildbereich erstreckt. Das macht vieles einfacher. Das Setzen der AF-Punkte über das Touch-Display finde ich super gelöst.
Die von mir befürchteten Nachteile (Kälte, Bedienbarkeit mit Handschuhen) haben sich zum Glück ja nicht bewahrheitet und ich sehe gegenüber der Spiegelreflex keine Nachteile.