Anlässlich des 100. Geburtstags von Helmut Newton am 31. Oktober 2020 erzählt Gero von Boehms Dokumentarfilm „Helmut Newton – The Bad And The Beautiful“ nicht nur die Lebensgeschichte des in Berlin geborenen jüdischen Fotografen, sondern wirft dabei einen besonderen Blick auf sein nicht unumstrittenes Oeuvre. Kinostart ist am 9. Juli.
Er war einer der Großmeister der Fotografie: Helmut Newton – elegant, verspielt, erfinderisch, provokativ, inspirierend – und inspiriert durch seine scharfe Beobachtungsgabe und seine Kindheit im Berlin der Goldenen Zwanziger.
„Berlin war seine Stadt – und er war Berlin -, aber er war auch ein Kosmopolit“, so Gero von Boehm. Sein Film, der am 9. Juli in die Kinos kommt, zeigt den legendären Fotografen des 20. Jahrhunderts sowohl bei der Arbeit als auch in privaten Situationen. Zu sehen sind Film- und Tondokumente, die zu Lebzeiten Newtons entstanden.
Für die Arbeit an seinem Dokumentarfilm hat Gero von Boehm uneingeschränkten und exklusiven Zugang zum Archiv der Helmut Newton Stiftung erhalten. Dabei fällt der Film in eine Zeit, in der der Blick der Kunst, von Malern, Fotografen und Filmemachern auf den weiblichen Körper auf dem Prüfstand steht. Einzelne Werke gelten als „unmoralisch“. In Museen wird diskutiert, ob man sie nicht besser vor den Augen der Öffentlichkeit verbergen sollte. Droht ein Geschmacksdiktat? In diesem Spannungsfeld bewegen sich – nach wie vor – auch die Fotografien von Helmut Newton.
Als junger jüdischer Fotograf aus Nazi-Berlin vertrieben, wurde Helmut Newton nach einer Odyssee durch die Welt zum Superstar. Er entwarf mit seinen Fotos ein neues, oft provozierendes Frauenbild und prägte damit für lange Zeit nicht nur die Fotografie.
In den 1970er Jahren war er es, der als Avantgardist eine Zeitenwende anstieß.
Noch nie hatte man in Glamour-Magazinen und in der Mode-Werbung Frauen in derartigen Posen gesehen. Nun aber gab es plötzlich dominante Frauen, die mit großen Hunden, auf nächtlichen Straßen, mit Messern, in Männerkleidung oder als Nymphomaninnen posierten. Wie hat Newton den Blick auf den weiblichen Körper beeinflusst? Welche Sichtweisen und Lüste hat er durch die Macht seiner Bilder befördert? Waren die starken Frauen, die er zeigte, Sex-Objekte oder Sex-Subjekte? Wie ist Newtons Fotografie heute zu sehen? Im Film kommen neben dem großen Frauen-Porträtisten Helmut Newton selbst ausschließlich Frauen zu Wort – vor allem seine Wegbegleiterinnen aus Film und Mode: Charlotte Rampling, Isabella Rossellini, Grace Jones, Anna Wintour, Marianne Faithfull, Hanna Schygulla, Claudia Schiffer, Nadja Auermann, Sylvia Gobbel, Carla Sozzani, Arja Toyryla und nicht zuletzt seine Ehefrau June Newton, aber auch kritische Stimmen wie die von Susan Sontag.
Gero von Boehms unterhaltsamer Dokumentarfilm reist mit Helmut Newton und „seinen“ Frauen durch die unterschiedlichen Phasen seines außergewöhnlichen, manchmal dramatischen Lebens, zeigt seine Arbeit und sein Umfeld. Der Regisseur konnte auf Newtons umfassendes Bildarchiv zurückgreifen und so alle Facetten des Fotografen zeigen.
In ProfiFoto 7-8/20 erscheint dazu ein Interview mit Gero von Boehm und ein Essay von Ulf Pape über Helmut Newtons Lebenswerk.