In fünfter, umfassend aktualisierter und erweiterter Auflage ist jetzt das Standardwerk zur Stockfotografie von Robert Kneschke in der Edition ProfiFoto bei mitp mit allen aktuellen Informationen sowie neuen Inhalten erschienen.
Robert Kneschke ist hauptberuflich Produzent und Fotograf von Stockfotos. Außerdem betreibt er den Blog „Alltag eines Fotoproduzenten“. In der Neuauflage von „Geld verdienen mit eigenen Fotos“* zeigt der Fotograf, was ein gutes, beziehungsweise gut verkäufliches Stockfoto ausmacht und wie man es bestmöglich verkauft. Von den technischen Aspekten der Aufnahme und den passenden Requisiten und Locations über die Zusammenarbeit mit Models und rechtliche Themen bis hin zu der immens wichtigen Verschlagwortung und der oft vernachlässigten Statistik bleiben keine Fragen offen. Das Buch gibt eine Übersicht über die beliebtesten Bildagenturen und deren unterschiedliche Lizenzierungsmodelle.
Robert Kneschke: „Auch wenn der Markt in den letzten Jahren härter geworden ist, bleibt die Stockfotografie trotzdem ein lohnender Zweig der Fotografie auch für Fotografen, wenn sie nur anfangen, ausprobieren und dazulernen und nicht warten, bis sich tausende Fotos in der Schublade gesammelt haben, um erst dann ihr Glück zu versuchen. Stockfotografie ist heute nicht mehr das Verwerten von zweitklassigen Fotografien, wie es in der Anfangszeit der Fall war.“
Die im Buch veröffentlichten Einnahmen einiger Fotografen zeigen beispielhaft die finanziellen Möglichkeiten der Stockfotografie, und Interviews mit anderen Stockfotografen geben einen noch tieferen Einblick in das Geschäft der Stockfotografie. Als exklusiven Auszug hier sein Interview mit dem erfolgreichen Food-Stockfotografen Jan Wischnewski.
Robert Kneschke: Hallo Jan, stell dich doch bitte kurz vor…
Jan Wischnewski: Ich bin 57 Jahre alt, in Hannover geboren und wohne jetzt in Berlin. Nach Abitur und abgebrochenem Studium habe ich zunächst eine Ausbildung zum Koch im damaligen Sternerestaurant „Wagner“ in Meyen in der Eifel absolviert.
Wie bist du zur Fotografie generell gekommen?
In den 70er Jahren hatte ich mich bereits für die Fotografie interessiert und habe mit meinem Vater im abgedunkelten Badezimmer Schwarzweiß-Filme entwickelt und Abzüge erstellt. Die alte Ausrüstung habe ich noch heute.
Wie und wann hast du von der Stockfotografie erfahren?
Durch meinen leider schon verstobenen Freund Rainer Erdmann, welcher mich als Geschäftsführer von PhotoCuisine Deutschland darum gebeten hat, Kochrezepte für seine Stockfotos zu schreiben.
Wie ist das Verhältnis zwischen Auftragsarbeiten und Stockfotos bei Dir?
Etwa 3:1 für Auftragsarbeiten, jedoch biete ich auch bei Aufträgen RF-Verträge an, deren Bilder dann in mein Portfolio als Stockfotos wandern. So füllt sich das Portfolio auch durch Auftragsarbeiten und ich verdiene im Idealfall mehrfach an schon bezahlten Bildern.
Du bist exklusiv bei der Food-Agentur StockFood. Seit wann, warum dort und warum exklusiv?
Ich bin seit etwa vier Jahren bei StockFood; als Fotograf sowie auch als Rezeptautor. Außerdem fotografiere ich seit Kurzem zusätzlich Aufträge für die StockFood Studios. Ich habe dort auch persönliche Kontakte zu vielen Mitarbeitern. Das bindet natürlich an ein Unternehmen. Außerdem fühle ich mich dort sehr gut aufgehoben und vertreten.
Was hast du in dem Zeitraum bei Stockfood erreicht?
Meine Verkäufe liegen bei zurzeit ca. 2.000 Bildern bei drei bis fünf Bildern pro Tag. Das hört sich wenig an, ist aber für eine Makrostock Agentur, die ja keine Bildpakete für Centbeträge verkauft, nicht ganz schlecht. Leider sind auch hier die Preise etwas eingebrochen. Vor vier Jahren lag mein Durchschnittsumsatz pro Bild bei ca. 18 Euro, heute sind es noch acht Euro. Dazu kommt natürlich, dass Shootings für Food meistens sehr viel aufwendiger sind als andere Stockfotos. In diesem Metier braucht man ziemlich lange, um sich ein Portfolio von ein paar Tausend Bildern anzulegen.
Welche Motive von dir verkaufen sich am besten?
Bei mir verkaufen sich seit Jahren am besten sämtliche Low-Carb-Bilder. Das scheint ein nicht endender Trend zu sein. Dann natürlich saisonale Bilder, welche die Lebensmittel der Jahreszeiten berücksichtigen. Aber auch Features mit Essen aus anderen Ländern laufen ganz gut.
Wie ist dein Workflow von der Idee bis zum hochgeladenen Bild?
Da ich eher nicht die 1.001. Kartoffelsuppe fotografiere, sondern mir als interessierter Koch besonders daran liegt, neue oder neu abgewandelte Gerichte zu präsentieren, kommen die Anregungen oft beim Einkaufen. Auch meine Lebensgefährtin oder Freunde bringen mir oft ungewöhnliche Mitbringsel vorbei, mit denen ich dann Bilder umsetzte. Manchmal werde ich auch durch Restaurantbesuche inspiriert. Ich gehe dann eher in spannend klingende neue Lokalitäten. Das ist hier in Berlin ja ein ständiger Wandel. Zusätzlich fahre ich gezielt in andere Länder, informiere mich über lokale Spezialitäten und mach dort auch Bilder. Ideen habe ich dann schnell, wenn ich schöne und ungewöhnliche Produkte vor mir sehe. Da hilft natürlich meine Ausbildung und jahrelange Erfahrung als Koch; auch in anderen Ländern. Das Rezept und das fertige Bild inklusive Look, Farben und Requisiten entsteht dann in meinem Kopf. Die Umsetzung ist dabei der kleinere Teil: Ich fotografiere zu 99,9 % mit vorhandenem Licht und habe zum Glück bei uns im Haus perfekte Möglichkeiten. Die Küchenausstattung ist dabei auch eher die eines Profikochs. Ich fotografiere im Studio immer mit Stativ und immer über MacBook. So kann ich die Bilder auf dem Display des MacBooks sehr gut beurteilen und bin mir beim Abdrücken 100 % sicher, dass das Bild genau so ist, wie ich es im Kopf hatte. Ich mache pro Aufbau dann auch nur ein einziges Bild. Meine Bilder schließe ich in RAW, danach kommt die Entwicklung am PC. Möglichst ohne weitere Bildbearbeitung.
Kannst du kochen und auch für Fotos perfekt anrichten, oder brauchst du einen Food-Designer?
Ich habe regelmäßig Anfragen von Food-Designern, aber kann zum Glück bisher alles selber machen. Ich backe auch Brote, Kuchen, Torten, etc.
Isst du deine »Models« nach dem Shooting?
Wenn ich etwas abbekomme. Da gibt es immer schon ein paar Leute, die mit großen Augen und knurrendem Magen auf das O.K. für das Essen warten. Das ist ja mein Prinzip, dass ich keine Lebensmittel wegwerfen möchte. Da würde ich mich schämen, wenn zum Beispiel ein Tier sterben müsste nur für ein Food-Foto.
Mit welcher Technik arbeitest du?
Kamera: Canon 5DS R (5D Mark III für draußen), Objektive meistens Canon 90 mm Tilt/Shift, 100 mm f2.8 L Macro und Sigma Art 50 mm f1.6. Bei Reisen kommen auch mal Zoom-Objektive zum Einsatz, bevorzugt Canon 16-35 f2.8 L. Bildbearbeitung am PC: Wichtig ist mir hierbei genug Arbeitsspeicher; ich habe 32 GB. Daran angeschlossen sind zwei EIZO-Monitore CG2420. Als Software benutze ich Adobe Photoshop; da ich bei Bildbearbeitung hauptsächlich mit Masken arbeite, kann ich mit Lightroom nichts anfangen. Dazu kommt noch ein Wacom-Grafiktablett, das bei mir aber eher stiefmütterlich behandelt wird.
Verschlagwortung ist ja immens wichtig bei Stockfotos. Wie gehst du das Thema an?
Die Verschlagwortung übernimmt StockFood. Ich gebe nur die nach meiner Meinung wichtigen Schlagworte in der IPTC-Datei ein. Dabei ist weniger mehr. Diese Unart, Hunderte von unsinnigen Keywords einzupflegen, nur um zu versuchen, Leute auf das eigene Bild aufmerksam zu machen, halte ich für kontraproduktiv. Wenn ich einen Fotountergrund suche und bei Shutterstock zum Beispiel „Background, Beton“ eingebe, werde ich keine Bockwurst auf Rasen kaufen, auch wenn mir so ein Bild wegen unsinniger Verschlagwortung angezeigt wird. So etwas nervt mich derart, dass ich dann sogar zum Suchen zu anderen Agenturen wechsele. Ich selber nutze nur Suchbegriffe, die mit dem entsprechenden Bild auch ganz klar zu assoziieren sind. Dazu gehören aber auch bildbestimmende Farben oder Anlässe, zu denen das Bild passen könnte.
Wie nutzt du Webseiten, Blogs und Social Media, um erfolgreicher zu sein?
Eigentlich gar nicht. Ich habe eine Webseite (https://foodfotografie-berlin.de), aber mehr als Visitenkarte beziehungsweise als Portfolio. Ich bin zwar auch bei Facebook und Instagram, habe aber nicht genug Zeit, mich mit vielen anderen Leuten zu verknüpfen. Um viele Follower zu generieren, muss man auch viel Einsatz bringen, also immer auch zurück kommentieren oder Unmengen von Bildern liken. Außerdem fotografiere ich zu 99 % für Firmen beziehungsweise Werbeagenturen, die sich ihre Fotografen nicht in den sozialen Netzwerken suchen.
Welches war dein größter Fehler in der Stockfotografie?
Den habe ich zum Glück bisher noch nicht gemacht. Ein großer Fehler wäre, sich vollständig auf die Umsätze der Agenturen zu verlassen, wenn man nicht schon zehn Jahre fest im Sattel sitzt.
Was planst du für die Zukunft in der Stockfotografie?
Da ich oft in anderen Ländern unterwegs bin und auch bei den Makrostock-Bildern die Umsätze sinken, plane ich ein weiteres Standbein in der Reisefotografie. Aber auch dort wird es eher die Agentur Look statt Adobe.
Wie wird sich die Stockfoto-Branche in Zukunft entwickeln?
Ich stelle bei Kunden wie zum Beispiel großen Discountern fest, dass wieder mehr Geld für Food-Fotografie ausgeben wird. Die Preisschraube ist relativ weit nach unten gedreht, das merkt man leider auch an der Qualität vieler Stockbilder. Die größten Agenturen (Adobe, Shutterstock, Getty) haben teilweise alles angenommen, was ihnen angeboten wurde.
Hier geht mittlerweile oft Quantität vor Qualität. Kunden haben es schwer, aus diesem Überangebot von Bildern noch anspruchsvolle Fotografie herauszufiltern. Hier ist auch Zeit Geld. Stundenlanges Suchen nach geeigneten Bildern kostet irgendwann mehr, als ein Bild beim Fotografen zu bestellen. Hier setzen zum Beispiel die Stock-Food Studios an, die Kunden maßgeschneiderte Bilder vom Profi-Fotografen anbieten, oder Makrostock-Agenturen, die für ihre Kunden auch personalisierte Bildauswahlen anfertigen. Stockfotos werden natürlich weiterhin sehr große Bedeutung zum Beispiel als „Mood-Fotos“ für Onlinezeitungen oder zur Ausschmückung von Firmenwebseiten oder Onlineportalen haben.
Welche Tipps würdest du angehenden Stockfotografen mit auf den Weg geben?
Zuerst einmal würde ich eine Frage stellen: Bist du bereit, dir kreativ und fotobegeistert über viele Jahre hinweg ein in sich stimmiges Portfolio aufzubauen? Genau das ist nämlich die Stock-Fotografie! „Schnell mal was machen“ funktioniert in dieser Branche nicht. Hier ist langer Atem gefragt.
Fotos: © Jan Wischnewski
DIE EDITION PROFIFOTO
Die Experten der Redaktion ProfiFoto und aus dem mitp-Verlag bündeln ihr Know-how und publizieren in Zusammenarbeit mit erfahrenen Autoren, die unmittelbar aus der Foto-Praxis kommen, eine einmalige Fachbuchreihe „made for professionals“: Ergänzend und flankierend zum Magazin ProfiFoto bieten die mitp-Bücher der Edition professionelles Wissen zum richtigen Umgang und zur effizienten Nutzung digitaler Fototechnik und Bildbearbeitung.
*Stockfotografie
ISBN: 9783747500927 von Robert Kneschke, 5. Auflage 2020, 488 Seiten in Farbe, 33,99 Euro