Am heutigen Montag, den 9.9., soll nach Pressemeldungen die entscheidende Sitzung zum Thema Meisterzwang im Bundeswirtschaftsministerium stattfinden. ProfiFoto liegt eine Stellungnahme des Bundeswirtschaftsministeriums vor, die Argumente zusammenfasst, warum auch Fotografen betroffen sein sollen.
In der Stellungnahme des BWMi sind Argumente enthalten, die der „Centralverband deutscher Berufsfotografen“, CV, dem Ministerium genannt hat. Wie ProfiFoto berichtete, wird laut BWMi das wichtigste Kriterium für eine Rückvermeisterung einzelner Gewerke die mögliche Gefährdung der Endverbraucher sein, aber auch der Kulturgüterschutz spielt ein Rolle. Hier im O-Ton die Argumente des CV, die der Stellungnahme des BWMi entnommen sind:
Zitat:
„Kriterium Gefahrgeneigtheit:
• Explosion und Verpuffung durch Blitzlicht: Bei der Industriefotografie, dem Fotografieren in Räumen und Hallen, die explosionsgefährdet sind, wie Autoindustrie, Farbspritzanlagen. Hier müssen Spezial-Lampenköpfe zum Einsatz kommen, die explosionsgeschützt sind, damit es nicht zu Verpuffungen und Explosionen mit enormen Schaden kommt.
• Auslösen epileptischer Anfälle: Blitzlicht, insbesondere Stroboskopblitze
können epileptische Anfälle auslösen.
• Implosion von Leuchtmitteln: Im Studio bei der Portrait-, Pass- und People-Fotografie muss ein Schutz vor Implosion der Leuchtmittel bei nicht sachgemäßer Behandlung, Materialermüdung und Vibration angebracht sein. Die heißen Glassplitter können zu schweren Verbrennungen der zu fotografierenden Personen führen oder, wenn außerhalb des Studios fotografiert wird, zu Beschädigungen der Umgebung.
• Gefahr durch Hochspannung: Fotografen arbeiten mit sog. Blitzgeneratoren, sowohl im Studio als auch vor Ort. Hier wird
Hochspannung zur Blitzentladung generiert. Die mehrpoligen Kontaktbuchsen müssen beim Zusammenfügen und beim Abbau der Lichtanlagen sorgfältig behandelt und geschützt werden, damit diese vor Kunden oder spielenden Kindern gesichert sind. Auch ausgeschaltete Generatoren speichern den Strom noch längere Zeit.
• Gefahr durch Kriechströme: Der Anschluss an das Stromnetz muss fachmännisch erfolgen, da sonst Kriechströme entstehen, die bei Kindern oder Menschen mit Herzschrittmachern gefährlich werden. Auch eine unsachgemäße Isolierung kann zu diesen Auswirkungen führen.
• Gefahr durch schwebende Leuchten: Bei der Fotografie im Studio und vor Ort muss eine professionelle Sicherung der Statik der Stative mit Leuchten und schweren Lichtformern vorgenommen werden. Diese Leuchten sind an Stativen mit Auslegern von einigen Metern angeflanscht und wiegen etliche Kilo, die über den Köpfen schweben. Hier muss mit
Gegengewichten und Sicherungsseilen gearbeitet werden, die ein Umstürzen verhindern, sonst kann es zu schweren Verletzungen kommen.
• Gefahr durch Feuchtigkeit an elektrischen Leitungen: Bei der Aussen-Fotografie muss die Isolierung vor Feuchtigkeit und Nässe der Stromkabel sichergestellt werden.
• Gefahr durch UV-Strahlung: Durch die technische Entwicklung der Kamera-Systeme wir mehr Dauerlicht eingesetzt. Hier muss bei der Personen-Fotografie auf einen wirkungsvollen UV-Schutz geachtet werden. Hier ist es schon zu ernsthaften Hautverbrennungen gekommen, weil Fotografen sich damit nicht auskannten. Zunehmend werden in der Fotografie LED-Leuchten eingesetzt, die 12 x so effizient sind wie eine Glühbirne. Sie können einen hohen Blaulichtanteil haben, der ein hohes phototoxisches Potenzial hat und oxidative Prozesse in der Augenhaut in Gang setzen, die letztlich zum irreparablen Untergang der Sehzellen führen. Ein Wissen um diese Problematik ist unerlässlich, denn gewisse Farbanteile können ausgefiltert werden.
• Gesundheits- und Umweltschäden durch chemische Prozesse: Analoge Film- und Printentwicklungen sind wieder stärker gefragt. Das Wissen um diese teils hochtoxischen Chemikalien (Formaldehyd, Hydrochinon etc.) ist nicht nur für die Fotografen und Mitarbeiter von lebenswichtiger Bedeutung, auch das Reinigen und Auswaschen der Chemie vor
Auslieferung an die Kunden muss zum Schutz derselben vermittelt werden. Ebenso müssen dem Fotografen die Entsorgungswege bekannt sein, damit eine umweltgerechte Entsorgung in Auftrag gegeben werden kann.
Kriterium Schutz von Kulturgütern:
Der Ausbildungsschwerpunkt „Wissenschaftsfotogafie“ (vgl. FotoAusbV §3) wurde, neben dem Einsatz in der Kriminaltechnik, eigens für die Qualifizierung von Fotografen für den Einsatz in Museen und Archiven geschaffen. Die Digitalisierung von Kulturgütern erfordert maximale handwerkliche Präzision zur Gewährleistung einer tonwert- und farbrichtigen Wiedergabe von Gemälden, Büchern, Wand- und Deckenmalereien etc. aber ebenso dreidimensionalen Objekten.
Wir haben in den letzten Jahren viele Anfragen von Erben und Nachlassverwaltern bekommen, wie mir den Archiven von Fotografen umgegangen werden soll. Das sind oft nur regional bekannte Namen, die Fotografien zeigen aber städtische oder
dörfliche Entwicklungen oder Portraits der Zeitgeschichte. Die Behandlung der alten Negative, die Konservierung und die Digitalisierung, also die Transformation in neue Medien muss behutsam und kenntnisreich erfolgen.
Die Grundlagen werden in Meistervorbereitungskursen gelegt, aufbauend kann eine Spezialisierung erfolgen.
Der Centralverband Deutscher Berufsfotografen wird auch häufig angefragt zur technisch optimalen Archivierung von aktuellen Dateien, weil Fotografen erkennen mussten, dass ihre gespeicherten Daten auf einmal nicht mehr einwandfrei zur
Verfügung standen. Man kann zwar einfach auf den Auslöser drücken, aber Kenntnisse zur Verwaltung der Fotoarchive sind für den Nachlass existenziell. Wie sicher sind meine Daten auf dem Rechner? Wohin kann ich auslagern? Wie schütze ich die Daten vor Viren oder unberechtigtem Zugriff etc. Auch Rechtsfragen sind von enormer Wichtigkeit: Wer ist der Urheber der Fotografien? Sind die Daten gekennzeichnet?
Diese oben genannten Argumente sprechen eindeutig dafür, dass Fotografen sich einer Ausbildung und Fortbildung in Form der Meisterprüfung unterziehen müssen, um die Tiefen der Fotografie zu verstehen und die Entstehung eines Bildes im Kopf
bis zum fertigen nutzbaren Print, das der Kunde in der Hand hält, beeinflussen zu können. Ein Fotograf ohne Meisterprüfung kann nur den Auslöser betätigen und weiß nicht wie er das Bild im Entstehungsprozess verändern kann.“