Durch die Förderung der Alexander Tutsek-Stiftung kann die Sammlung Fotografie und Neue Medien der Pinakothek der Moderne ein bedeutendes Werk erwerben. Der Ankauf der berühmten Serie »The Brown Sisters« des Fotografen Nicholas Nixon bereichert die Sammlung um eine ikonische Arbeit.
Die aus 44 Fotografien bestehende Serie stand schon lange auf der Wunschliste von Dr. Inka Graeve Ingelmann, der Leiterin der Sammlung Fotografie und Neue Medien. Um den Kauf zu ermöglichen, übernimmt die Alexander Tutsek-Stiftung die gesamten Kosten des Ankaufs. Bisher sind weltweit nur zwei andere Institutionen im Besitz einer vollständigen Serie der »Brown Sisters«, die Fundación MAPFRE in Madrid und das Modern Art Museum in Fort Worth, Texas.
„Uns ist bewusst, dass öffentliche Museen ohne private Unterstützung kaum noch in der Lage sind, signifikante Werke für ihre Sammlung anzukaufen. Herausragende Arbeiten sind aber für den Ausbau einer international beachteten Sammlung, die Reputation des jeweiligen Hauses, sowie für die Stadt München und den Freistaat Bayern unerlässlich. Sie dienen als kulturelle Botschafter“, sagt die Vorstandsvorsitzende der Alexander Tutsek-Stiftung, Dr. Eva-Maria Fahrner-Tutsek.
So ist es einer der Zwecke der Stiftung, sich neben ihrer eigenen Sammlungstätigkeit und den jährlichen Ausstellungen für öffentliche Sammlungen zu engagieren. Dabei entspricht es ihrem Selbstverständnis, dass die jeweilige Institution das Werk selbst auswählt und mit den Geldern der Stiftung ankauft (es wird also nicht als Dauerleihgabe angeboten, sondern geht in den Besitz der öffentlichen Sammlung über). Einzige Bedingung bei dem Ankauf der Serie »The Brown Sisters« ist die Präsentation des Werkes im Museum innerhalb der nächsten fünf Jahre.
Die Alexander Tutsek-Stiftung hat die Fotografie an der Pinakothek der Moderne bereits mehrfach gefördert. Sie finanziert die dreiteilige Ausstellungsreihe mit dem Titel „Fotografie heute – Künstlerische Fotografie im digitalen Zeitalter“, die 2016 begann und bis 2020 laufen wird. Weiterhin wurde die Sammlung Fotografie und Neue Medien durch den komplett von der Stiftung finanzierten Ankauf zweier zentraler Fotoarbeiten der amerikanischen Künstlerin Zoe Leonard unterstützt.
Nicholas Nixon zählt zu den wichtigsten amerikanischen Fotografen seiner Generation. Sein Werk »The Brown Sisters« gehört mittlerweile zu den Ikonen der Geschichte der Fotografie. Seit 1975 macht der Fotograf jährlich ein Porträt seiner Frau und ihrer drei Schwestern. Über einen Zeitraum von fast 45 Jahren ist so ein singuläres Werk entstanden, das gleichermaßen die Wesenhaftigkeit der Fotografie zum Ausdruck bringt, als auch über die Vergänglichkeit und das Zeitgeschehen Zeugnis ablegt.
In seinem sachlich dokumentarischen Stil gelingt es Nixon, die sich immer wieder wandelnde Beziehung der Schwestern zueinander aufzuzeigen. Gleichzeitig porträtiert er die sich wandelnde Gesellschaft.
Der Serie wurde 2014 im Museum of Modern Art, New York eine Einzelausstellung gewidmet. Die Pinakothek der Moderne zeigte die Serie 2015 und in der Nicholas Nixon Retrospektive im C/O Berlin (2018) nahm das Schlüsselwerk ebenfalls einen zentralen Platz ein.
Die Serie »The Brown Sisters« ist eine der eindrucksvollsten Auseinandersetzungen mit dem Porträt und der Zeit in der zeitgenössischen Fotografie.
Seit 1975 porträtiert der amerikanische Fotograf Nicholas Nixon (*1947) jedes Jahr seine Frau Bebe und ihre drei Schwestern. Er nahm die Schwestern erstmals 1974 auf, doch unzufrieden mit dem Ergebnis, vernichtete er das Negativ. Das erste Bild der Serie ist daher erst 1975 datiert. Damals waren Bebe 25, Heather 23, Laurie 21 und Mimi 15 Jahre alt. Ein Jahr später nahm Nixon bei einer Familienfeier erneut ein Gruppenbild auf. Die Idee wurde geboren, jedes Jahr eine Aufnahme zu machen – immer in Schwarz-Weiß, mit der Großformatkamera, unter freiem Himmel und bei natürlichem Licht. Die vier Schwestern nehmen dabei immer dieselbe Aufstellung ein, die sich beim ersten Mal zufällig ergeben hat, und zwar von links nach rechts: Heather, Mimi, Bebe und Laurie. Zu Anfang wählte Nixon aus etwa einem Dutzend Aufnahmen selbst ein Bild aus. Später wurde das zu einer gemeinschaftlichen Entscheidung. In manchen Bildern ist Nixon als Schatten mit der Kamera sogar selbst Teil des Bildes geworden. Über einen Zeitraum von mehr als 40 Jahren ist ein singuläres Werk entstanden, das gleichermaßen die Wesenhaftigkeit des Fotografischen zum Ausdruck bringt, als auch über das Moment der Zeit, der Vergänglichkeit und der sich immer wieder wandelnden Beziehungen der Schwestern zueinander Zeugnis ablegt.
In den Gesichtern der vier Frauen spiegelt sich die verrinnende Zeit, als Zeugnis der Verletzlichkeit, das beim Betrachter ein schmerzliches Gefühl des Verlusts hervorruft. Doch die voranschreitende Zeit schlägt sich nicht allein im Äußerlichen nieder, in den älter werdenden Gesichtern oder im Wandel der Mode. Der genaue Blick des Fotografen offenbart auch seelische Veränderungen und die Beziehungen der Schwestern untereinander. Ein Lächeln, Ernst, Komplizenschaft oder geteilte Freude
z. B. über eine Schwangerschaft, stehen neben der Traurigkeit eines abwesenden Blickes, dem Ausdruck von tiefem Leid oder Ratlosigkeit.
Die Fotografien muten wie ein Familienalbum an, das den Betrachter mitnimmt auf eine Reise zu längst vergangenen Momenten und Empfindungen. Nixons Langzeitprojekt über die Brown Sisters, pendelt zwischen dokumentarischer Objektivität und emotionaler Intimität, es fasziniert und verstört gleichermaßen. Die Serie hat ihren eigenen Rhythmus von Wiederholung und Veränderung. Das einzelne Foto erhält seine Form und Bedeutung aus dem Zusammenhang mit den anderen und erst als Teil der Serie entfaltet es seine vollständige Wirkung.