„Nudes“ ist der Titel der Ausstellung, die das Werk der drei Fotografen im Genre Akt gegenüberstellt. Sie wird bis zum 19. Mai in der Berliner Helmut Newton Stiftung gezeigt.
Saul Leiter hat neben seiner Modefotografie für Harper´s Bazaar und den Farbabstraktionen, die er seit den späten 1940er Jahren in den Straßen New Yorks footgrafierte, auch Akte im Studio inszeniert. Er entwickelte die stillen und intimen Schwarzweiß-Aufnahmen in der eigenen Dunkelkammer. Zu seinen Lebzeiten blieben sie gewissermaßen unter Verschluss – nur eine Handvoll Freunde kannten sie. Seit seinem Tod 2013 werden die unterschiedlichen Aspekte seines Werks von der Saul Leiter Foundation unter der Leitung von Margit Erb aufgearbeitet, publiziert und teilweise auch neu editiert. Die Modelle in Leiters Akten waren Freundinnen oder Geliebte des Fotografen, die er in seiner New Yorker Wohnung fotografierte. Die Ausstellung in der Helmut Newton Stiftung mit über 200 Vintage oder Late Prints zeigt über 100 Bilder gerahmt an der Wand. Die andere Hälfte der Exponate wird als Bildschnipsel – von Leiter selbst fragmentiert – in einer Ausstellungsvitrine präsentiert. So sieht der Betrachter kleinformatige Akt-Porträts einer oder mehrerer Frauen, die auf Sofas liegen oder im Gegenlicht zur Silhouette werden, die gedankenverloren rauchen, die lächelnd oder verführerisch für Leiters Kamera posieren. Dabei sind nicht alle Modelle nackt. Die Fotografien sind vielmehr subtile, sensible, ja geradezu schüchterne Annäherungen an das Wesen und den Körper der Frau. Diese Bildstimmung begegnet dem Besucher auch bei den Aktaufnahmen von David Lynch, die ein knappes halbes Jahrhundert später vor allem in Lodz und Los Angeles – überwiegend in Schwarzweiß – entstanden sind. Lynch fotografierte abstrakte Körperbilder, mit häufig vollformatigen Details, die erst auf den zweiten Blick die Verbindung mit dem menschlichen Körper preisgeben. Erstmalig für die Berliner Ausstellung wurden 25 Motive, die Lynch auswählte, zusammengestellt und so vergrößert, dass die Modelle überlebensgroß erscheinen. Lynchs Aktaufnahmen entstehen parallel zu und autonom von seinem filmischen Werk. Trotzdem wirken seine fotografischen „Nudes“ vergleichbar mysteriös wie seine Filme. Auch mit der Fotokamera umkreist und untersucht er den weiblichen Körper auf zarte Weise. Die Intimität entsteht durch die Motivik einer extrem nahsichtigen, geradezu taktilen Körperlichkeit, auch wenn der Bildausschnitt nur einen nackten Oberschenkel oder Arm präsentiert.
Helmut Newton begann mit seiner Aktfotografie in den 1970er Jahren parallel zu seiner Modefotografie und verfolgte das Genre bis zu seinem Lebensende 2004. Die Serien „Naked and Dressed“ sowie die „Big Nudes“ machten ihn Anfang der 1980er-Jahre weltberühmt. In der jetzigen Präsentation sind 80 seiner fotografischen Ikonen aus verschiedenen Ausstellungen und Projekten vereint, darunter zahlreiche Original-Polaroids. Helmut Newton schuf ein Werk voll subtiler Verführung und zeitloser Eleganz – auch und insbesondere im Genre Akt. So finden sich in der Ausstellung Porträts nackter Menschen am Pool, Aufnahmen unbekleideter Schaufensterpuppen und weitere modebasierte Aktbilder, halbnackte Modelle mit Stützprothesen oder Inszenierungen sexueller Obsessionen in weiblicher Besetzung.
Bild oben: Helmut Newton, Tied-up torso Ramatuelle 1980, copyright Helmut Newton Estate