Die seit Ende Mai 2018 geltende EU-Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) hat zu einer Verunsicherungen in der Fotoszene geführt. Führende Foto-Verbände fordern jetzt mit Unterstützung des Fotorechtsexperten David Seiler Rechtssicherheit.
Einer der großen Streitpunkte im Zusammenhang mit der DSVGO ist die Rechtsgrundlage für die mit dem Fotografieren von Personen verbundene Verarbeitung personenbezogener Daten.
Unter Führung des Photoindustrie-Verbands (PIV) haben sich der Bund professioneller Portraitfotografen (BPP), der Berufsverband Freie Fotografen und Filmgestalter (BFF), der Bundesverband professioneller Bildanbieter (BVPA), der Centralverband Deutscher Berufsfotografen (CV), Freelens und der PIC Verband jetzt zu einer Initiative zusammengeschlossen, die zur Klärung beitragen soll.
Das Problem liegt unter anderem darin, dass es der deutsche Gesetzgeber bislang unterlassen hat, den Auftrag der DSGVO, das EU-Datenschutzrecht durch nationale Gesetze mit den Grundrechten auf freie Meinungsäußerung und Informationsfreiheit inklusive Datenverarbeitung für journalistische, wissenschaftliche, künstlerische oder literarische Zwecke in Einklang zu bringen.
Auf Antrag der SPD-Fraktion im Landtag von Schleswig-Holstein beschäftigt sich der Innen- und Rechtsauschuss des Landtages mit dem Thema „Rechtssicherheit beim Fotografieren in der Öffentlichkeit erhalten“ – (Drucksache 19/723, 09. Mai 2018 – Plenarprotokoll 19/32 vom 14. Juni 2018). Die Landesregierung soll sich bei der Bundesregierung dafür einsetzen, dass der Umsetzungsauftrag des Art. 85 DSGVO realisiert wird, mit dem Ziel, weiterhin möglichst weitgehende Rechtssicherheit beim Fotografieren in der Öffentlichkeit wieder herzustellen. Diese Forderung haben zuvor schon die Konferenz der Datenschutzaufsichtsbehörden und auch der Deutsche Anwaltsverein erhoben.
Der Rechtsausschuss hat zu diesem Thema Experten und Branchenvertreter zu einer schriftlichen Anhörung eingeladen.
Erlaubt Art. 85 DSGVO in Verbindung mit Grundrechten wie Meinungs- und Informationsfreiheit weiterhin das Fotografieren in der Öffentlichkeit, ist das von 1907 stammende Kunsturhebergesetz, welches seit jeher nur die Veröffentlichung von Personenbildern regelt, aber nicht deren Herstellung, weiterhin – als angebliche Umsetzung von Art. 85 DSGVO – anwendbar oder ist, wie es die Datenschutzaufsichtsbehörden sehen – das berechtigte Interesse, Art. 6 Abs. 1 f DSGVO, bei dessen Auslegung die Rechtsprechung zum Kunsturhebergesetz herangezogen wird, die entsprechende Rechtsgrundlage?
Der PIV ist der Überzeugung, dass die Klärung dieser Frage nicht der Rechtsprechung zu Lasten der Prozessbeteiligten überlassen werden sollte, da die DSGVO diese Aufgabe dem nationalen Gesetzgeber zuweist. Daher unterstützen die genannten Verbände die Forderung an die Bundesregierung, Art. 85 DSGVO umzusetzen und gesetzlich klarzustellen, dass die datenschutzrechtliche Regelung, die die Grundrechte auf freie Meinungsäußerung und Informationsfreiheit inklusive Datenverarbeitung für journalistische, wissenschaftliche, künstlerische oder literarische Zwecke beeinträchtigen, nicht anwendbar ist.
Klargestellt werden soll die Rechtsgrundlage des Fotografierens von Personen: das Verhältnis zum Kunsturhebergesetz; dass Personenfotos nicht automatisch unter die besonders sensiblen personenbezogenen Daten fallen, bei denen keine Verarbeitung auf der Grundlage berechtigter Interessen in Betracht kommt; dass die Einwilligung in die Verarbeitung von Personenfotos genauso verlässlich bleibt wie unter dem Kunsturhebergesetz und nicht frei widerruflich ist; dass unliebsame Bildberichterstattung nicht durch das Recht auf Löschung beziehungsweise Vergessenwerden zensiert werden kann; dass sich auch Bildagenturen auf die Rechtsgrundlagen der Bildnutzung ihrer Kunden berufen können; dass die datenschutzrechtlichen Informationspflichten das Fotografieren von Veranstaltungen und sonstigen öffentlichen Ereignissen nicht unmöglich machen, sondern angemessene Ausnahmen geregelt werden; dass die Löschpflichten nicht das visuelle, kulturelle Gedächtnis unserer Gesellschaft und die Interessen der Fotografen am Nachweis ihrer Urheberschaft an ihren Fotos beeinträchtigen und
dass Fotografieren als künstlerische Tätigkeit anerkannt wird, die sich nicht in das Korsett der Auftragsverarbeitung pressen lässt.
Der PIV fordert, dass alle genannten Punkte durch maßvolle Einschränkungen des Datenschutzrechts, bundesgesetzlich geregelt werden sollten und nicht durch 16 verschiedene Landesgesetze.