Marc Stache hat eine Passion und die heißt analoge Schwarzweiß-Fotografie. In seinem Labor erstellt der Diplom Fotodesigner entsprechende Handabzüge auf PE- und Baryt-Papier und in seiner Galerie gibt es ausschließlich analoge Fotokunst zu bestaunen. Ein entsprechendes Werkbuch war der nächste logische Schritt und so erklärt der Autor auf 272 Seiten die Grundlagen der SW-Fotografie sowie den Dunkelkammerprozess und wie der Fotograf diesen qualitativ oder kreativ beeinflussen kann.
Negativbeurteilung
Zur Beurteilung der entwickelten Filme eignen sich am besten ein Leuchtpult und eine Lupe. So können Sie anhand der sichtbaren Details in Lichtern und Schatten der entwickelten Negative erkennen, ob Belichtung und Entwicklung gut funktioniert haben oder ob es mit dem Negativ später Probleme bei der Verwendung im Printlabor geben könnte. Hilfreich ist auch das Erstellen eines Kontaktbogens, um Positivbilder des kompletten Films zu bekommen.
Korrekt belichtetes und entwickeltes Negativ
Die dunklen Bereiche sind nicht zu hell und weisen genau wie die hellen Bereiche möglichst viele Details auf.
Überbelichteter Film
Bei einem überbelichteten Film sind die hellen Stellen des Negativs zu dunkel (die Schatten des Positivbildes), wodurch man zwar in den Schatten viele Details bekommt, der Motivkontrast insgesamt aber sehr niedrig ist.
Unterbelichteter Film
Einen unterbelichteten, aber richtig entwickelten Film erkennt man leicht daran, dass die Randnummern des Films klar und deutlich zu erkennen sind, die Negative selbst aber nur »dünn«, schwach sichtbar sind. Die hellen Stellen sind dabei fast durchscheinend.
Unterentwickelter Film
Bei einem unterentwickelten Film sind sowohl die Randnummern als auch das Motiv nur schwach sichtbar.
Der Kontrastumfang ist sehr niedrig und man wird beim Vergrößern eine sehr harte Papiergradation benötigen, um etwas Kontrast und tiefes Schwarz zu bekommen.
Überentwickelter Film
Bei einem überentwickelten Film sind die Randnummern evtl. etwas kräftiger als sonst und die dunklen Bereiche im Negativ (die Lichter im Positiv) sind sehr dicht, wodurch man beim Vergrößern selbst mit einer sehr weichen Papiergradation Schwierigkeiten haben wird, noch Zeichnung in die Lichter zu bekommen.
Komplett blanker oder schwarzer Film
Manchmal läuft es bei der Entwicklung so komplett schief, dass man keine Lupe braucht, um zu sehen, dass etwas nicht stimmt. So zum Beispiel, wenn der Film komplett schwarz oder komplet blank aus der Entwicklungsdose kommt. Um die Ursachenforschung zu vereinfachen, hier die häufigsten drei Fälle.
Komplett leerer Film
Ist der ganze Film komplett leer und sind auch keine Nummerie-rungen am Rand des Films zu sehen, so wurde der Film mit großer Wahrscheinlichkeit zuerst fixiert und dann entwickelt. Ein häufiger Anfängerfehler durch Verwechslung von Chemieflaschen.
Komplett schwarzer Film
Bei einem komplett schwarzen Film liegt der Verdacht nah, dass der Film an irgendeiner Stelle komplett Licht abbekommen hat. Möglicherweise war die Verdunkelung im Raum nicht ausreichend, als der Film in die Entwicklungsdose gespult wurde.
Leerer Film mit Bildnummern
An der gut und kräftig entwickelten Schrift und der Nummerierung am Filmrand, die schon vom Hersteller bei Produktion aufbelichtet wurde, erkennen wir, dass unser Entwicklungsprozess grundlegend funktioniert hat. Das Fehlen der Bilder könnte verschiedene Ursachen haben:
• Die Belichtung an der Kamera wurde falsch eingestellt und es wurde
sehr stark unterbelichtet. Damit gar nichts sichtbar ist, muss die Fehleinstellung schon recht groß sein. Zum Beispiel eingestellte ISO 3200/36° für einen ISO-25/15°-Film.
• Wahrscheinlicher ist, dass der Film nicht richtig eingelegt wurde und daher gar nicht bei der Aufnahme belichtet werden konnte oder dass der Auslösemechanismus der Kamera defekt ist.
Negative verstärken
Ist ein Negativ bei der Entwicklung zu »dünn« geworden, das Silberbild also durch Unterentwicklung zu hell und nur schwach sichtbar, ist noch nicht alles verloren. Es gibt Möglichkeiten, das Ergebnis nachträglich zu verbessern.
Mithilfe des Chromium Intensifier von der Firma Fotospeed lassen sich Negative verstärken.
Das Mittel wird 1+4 mit Wasser verdünnt und der Film darin so lange gebleicht, bis das Bild kaum noch sichtbar ist.
Nach einer Zwischenwässerung wird das Negativ in einem Papierentwickler auf Sicht zurückentwickelt. Das Negativ sollte nun kräftiger werden. Wenn es beim ersten Mal nicht ausreicht, kann der Prozess so lange wiederholt werden, bis die gewünschte Dichte erreicht ist. Danach erneut auswässern.
Experimentelle Filmentwicklungen
Während billiger Instant-Kaffee unter Kaffeetrinkern meist keinen guten Ruf genießt, scheint er Schwarz-Weiß-Filmen ganz besonders gut zu schmecken.
Von der Entdeckung ausgehend, dass sich Kaffeesäure zum Entwickeln von belichteten Silberhalogeniden eignet, hat sich in den letzten Jahren in vielen Onlineforen und Blogs eine kreative Community entwickelt, die begeistert ständig neue Hausrezepte zum Entwickeln mit Kaffee austestet und die Ergebnisse untereinander austauscht.
Reichlich Informationen und Anregungen findet man beispielsweise
hier:
www.caffenol.org
www.caffenol.blogspot.de
Die meisten Bestandteile dieser Entwickler lassen sich fast überall bekommen, so braucht man zum Ansetzen von Caffenol:
• Instant-Kaffee
• Waschsoda, wobei man darauf achten sollte, dass man wasserfreies bekommt
• Vitamin C
• Kaliumbromid (bekommt man in der Apotheke) oder ersatzweise Jodsalz
Mittlerweile gibt es mit Caffenol Concoction des französischen Herstellers Labeauratoire einen fertig gemischten Caffenol-Entwickler, den man nur noch in heißem Wasser (wie Kaffee eben) anrühren muss, um ihn dann runtergekühlt auf 20 Grad als Entwickler verwenden zu können.
Ich habe diesen Entwickler mit der angegebenen Zeit von 15 Minuten für meinen Testfilm verwendet.
Ein Blick durch die Negativlupe offenbart zwar, dass die Entwicklung nicht gerade die feinkörnigsten Negative produziert, aber der ungewohnt angenehme Kaffeegeruch in meinem Labor und der Spaß am Experimentieren machen daraus ein gelungenes Erlebnis.
Arbeitsgeräte reinigen
Der letzte Schritt nach erfolgreicher Filmentwicklung ist das Reinigen verwendeter Trichter, Messbecher, Entwicklungsdosen und Spiralen und sonstiger verwendeter Geräte, die in Kontakt mit Chemie gekommen sind, damit beim nächsten La-bortag keine bösen Überraschungen durch alte Chemierückstände entstehen können.
Da ich mit diesem Buch vom Rechner fort und zurück in die Dunkelkammer locken möchte, verzichte ich an dieser Stelle auf ein Kapitel über die Möglichkeiten der Digitalisierung von Film und möchte dagegen die umgekehrte Möglichkeit, die Nutzung von digitalen Daten in der analogen Dunkelkammer vorstellen.
Archivierung auf Film
Für die großen Hollywoodstudios ist es gängige Praxis, selbst digital aufgenommene Filme zu Archivierungszwecken auf Film zu übertragen. Film hat eine nachgewiesene sehr hohe Haltbarkeit und ist verhältnismäßig billig in der Lagerung.
Um eine archivfeste Lagerung digitaler Speichermedien sicherzustellen, müssen Daten möglichst redundant mehrfach gespeichert werden, in regelmäßigen Abständen der Zustand der Speichermedien kontrolliert und Digitaldaten neuen Datenformaten angepasst werden und selbst dann lässt sich noch nicht sicher garantieren, dass die Daten für Jahrzehnte haltbar sind bzw. dann überhaupt jemand noch über die passende Technik verfügt, diese Dateien auslesen zu können. Um sich das zu verbildlichen, sollte man sich einmal vor Augen führen, wie viele Computer heutzutage noch über ein Diskettenlaufwerk verfügen.
Für das Auslesen von auf Film gespeicherten Informationen braucht man dagegen nicht viel, im Notfall reichen eine Lupe und eine Taschenlampe.
Ausbelichtung auf Film
Die Ausbelichtung von Digitalfotos auf Film ist aber auch für den Hobbyfotografen eine tolle Möglichkeit, digital erstellte Fotos mit dem Dunkelkammerhobby zu verbinden.
Die Ausbelichtung von Daten auf Schwarz-Weiß-Film kann bei vielen Fachlaboren in Auftrag gegeben werden und ist meist nicht nur auf Kleinbild, sondern auch auf Mittelformatfilm oder Großformatfilm möglich.
Achten Sie darauf, dass die Kontraste der Vorlage nicht zu hart sind. Bei jedem Transfer von einem in ein anderes Medium bleibt ein bisschen was an Informationen auf der Strecke.
Handabzüge von digital erstellten Negativen
Für einen Kunden meines Fachlabors habe ich eine Reihe von Ausstellungsbildern auf Barytpapier erstellt, die er zuvor mit einer Digitalkamera aufgenommen und dann auf Film hatte ausbelichten lassen.
Nun mag sich hier die Frage stellen, warum die Daten nicht direkt auf Papier ausbelichtet wurden.
Der Kunde schätzte die handwerkliche Herstellung von echten analogen Barytabzügen und wollte diese besondere Qualität gerne für seine Ausstellungsprints erreichen. Gerade auf dem Kunstmarkt sind analoge Handabzüge bei Galeristen und Sammlern aufgrund ihrer technischen Qualität, der langen Haltbarkeit und auch aufgrund ihrer durch handwerkliche Herstellung bedingte Einzigartigkeit sehr beliebt.
Die Daten wurden bei diesem Projekt auf Kodak-Tri-X-400-Mittelformatfilm ausbelichtet. Das dem Film eigene etwas stärkere Korn gibt dem klaren Digitalbild ohne Einsatz von Photoshop-Filtern eine analoge Note.
Das digital erstellte Negativ lässt sich wie ein direkt auf Film fotografiertes Negativ vergrößern. Der Kontrast ist etwas härter als gewöhnlich, sodass ich mit einer sehr weichen Papiergradation arbeiten musste. Dafür waren aber weitere Eingriffe wie Nachbelichten und Abwedeln weitgehend unnötig, da das Ausgangsbild in seinen Helligkeitswerten schon vor der Ausbelichtung am Rechner optimiert wurde.
DIE EDITION PROFIFOTO
Die Experten der Redaktion ProfiFoto
und aus dem mitp-Verlag bündeln ihr Know-how und publizieren in Zusammenarbeit mit erfahrenen Autoren, die unmittelbar aus der Foto-Praxis kommen, eine einmalige Fachbuchreihe „made for professionals“: Ergänzend und flankierend zum Magazin ProfiFoto bieten die mitp-Bücher der Edition professionelles Wissen zum richtigen Umgang und zur effizienten Nutzung digitaler Fototechnik und Bildbearbeitung.
Analog fotografieren und entwickeln – Die eigene Dunkelkammer
von Marc Stache, mitp Verlag 2017, 2. Auflage 2017, 272 Seiten, Softcover, Format 22 x 22 cm, ISBN 978-3-95845-558-0, 29,99 Euro
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