Nachdem der EuGH Ende 2015 in der sogenannten „Bestwater-Entscheidung“ festgestellt hatte, dass Framing grundsätzlich okay ist, ging ein Aufschrei durch die Netzgemeinde. Die einen freuten sich über eine goldene Zukunft, bei der Inhalte, die sich schon im Netz befinden, nach eigenem Gusto weiterverwendet werden dürfen, solange man sie nur über einen Link auf der eigenen Website anzeigen lässt und nicht auf dem eigenen Server speichert. Die anderen, darunter eine Vielzahl von Fotografinnen und Fotografen, bangten um ihr gesamtes Bildmaterial, das aktuell im Netz stand und Anfragen mit dem Tenor „Die dürfen das nicht wirklich, oder?“ mehrten sich auch bei mir in der Kanzlei.
Was war passiert? Von den Richtern war zu prüfen, ob ein Youtube-Video, welches ein Unternehmen hatte produzieren und auf seine Website stellen lassen, und das nun durch einen direkten Konkurrenten in dessen Website eingebunden wurde, gegen die Rechte des ersten Unternehmens verstößt. Die Entscheidung fiel eindeutig aus. Solange das Video nicht illegal ins Netz gestellt wird und kein Passwortschutz umgangen wird, ist Framing erstmal okay.
Nur nochmal zur Klarstellung: Unter Framing versteht man das Einbetten von Inhalten, wie etwa Fotos, auf einer Website, wobei die Aufnahme nicht auf dem eigenen Server gespeichert wird, sondern auf dem der Ausgangsverwendung liegt. Die Aufnahme wird aber auch auf der zweiten Seite ganz regulär angezeigt, den meisten Betrachtern wird der Unterscheid überhaupt nicht auffallen.
Ende des vergangenen Jahres dann die zweite Entscheidung, bei der der EuGH zu prüfen hatte, ob schon das Verlinken auf eine Website mit illegal gespeicherten (Playboy-)Fotos eine Rechtsverletzung darstellt. Auch hier wurde betont, dass bei dem Verlinken auf rechtmäßig im Netz befindliche Inhalte erst einmal alles in Butter sei. Allerdings müssten gewerbliche Seitenbetreiber vor dem Verlinken prüfen, ob die Bilder eben rechtmäßig im Netz stehen oder nicht.
Skandal. Was sollten denn bitte Seitenbetreiber noch prüfen müssen, um endlich lizenz- und honorarfrei quer durch die ganze Welt beliebige Inhalte verlinken und framen zu dürfen? Woher soll man denn wissen, dass Inhalte auf einer Seite illegal oder legal eingestellt werden? Soll ich denn nun am Ende noch fragen müssen, bevor ich Inhalte mittels Framing in meine gewerbliche Website einbinde?
„Dann macht eben ein Wasserzeichen rein, damit endlich jeder erkennt, dass es geschützte Bilder sind“, höre ich förmlich die vielbeschäftigten Webworker, die ja vor lauter Urheberrecht ohnehin schon beinahe die Lust am Webworken verlieren, schon zischen. Unabhängig davon, dass dieser vielbemühte Satz aus rechtlicher Sicht beinahe kaum nicht mehr falsche Aussagen enthalten könnte, würde mich mal interessieren, wie gut man seine Bilder noch an den Kunden bringen kann, wenn man diese dazu zwingt, die Aufnahmen nur mit Wasserzeichen zu verwenden!? Denn auch von dort können Inhalte eingebunden werden.
In dieser gesamten Diskussion geht es mir daher ein wenig zu sehr darum, wie man die Verwender von Inhalten im Netz noch weiter entlasten könne. Betrachtet man mal ein paar Anwendungsfälle in der Praxis, sieht das meiner Meinung nach schon ein wenig anders aus. Findige Unternehmer machen sich aktuell vermehrt die oben zitierten Entscheidungen zu eigen und übernehmen komplette Artikel von Online-Magazinen auf ihre eigene Website. Die Bilder werden kurzerhand geframet, die stehen ja schließlich legal auf der Seite des Online-Magazins, das auch den Fotografen dafür bezahlt hat. Dann knallen wir noch Werbung ohne Ende auf unsere nagelneue „Nachrichtenseite“ und schon kann Geld verdient werden. Halten wir hier an den oben genannten Kriterien fest, wäre das völlig in Ordnung so und der Fotograf könnte für diese Art der Verwertung durch ein ihm bis dahin völlig unbekanntes Unternehmen, nichts unternehmen. Ausgaben für Bild und Text der neuen Nachrichtenseite; 0,00 €. Ganz schön clever!
Aber einen haben wir ja noch, der etwas dagegen unternehmen kann. Der Presseverleger – also im oben gezeigten Fall derjenige, der für das Bild gezahlt hat. Ausgestattet mit einem brandneuen Leistungsschutzrecht in § 87f UrhG könnte er sich zumindest wehren:
„§ 87f – Presseverleger: (1) Der Hersteller eines Presseerzeugnisses (Presseverleger) hat das ausschließliche Recht, das Presseerzeugnis oder Teile hiervon zu gewerblichen Zwecken öffentlich zugänglich zu machen, es sei denn, es handelt sich um einzelne Wörter oder kleinste Textausschnitte. Ist das Presseerzeugnis in einem Unternehmen hergestellt worden, so gilt der Inhaber des Unternehmens als Hersteller.“
Mein erster Berührungspunkt mit dieser Vorschrift war allerdings eine Abmahnung eines Presseverlegers gegenüber einem Fotografen, der sich doch glatt erdreistet hatte, mittels Verwendung eines Screenshots darauf hinzuweisen, dass der Presseverleger ihm ein Bild geklaut hat. Der Presseverleger war der Auffassung, dass der Screenshot neben dem Bild auch sein Presseerzeugnis enthält und beantragte sogar eine einstweilige Verfügung gegen den eigentlich beklauten Fotografen. Wir haben das Verfahren zwar gewonnen, aber mein Vertrauen in die fotografenfreundliche Anwendung dieser Vorschrift hat darunter erheblich gelitten.
Im Ergebnis kann aktuell meiner Auffassung nach die Rechtsprechung zum Framing tatsächlich nicht mit der rasanten Entwicklung der Technik und vor allem der Dreistheit der Menschen Schritt halten und es bleibt abzuwarten, ob und wie die beiden maßgeblichen Entscheidungen des EuGH dergestalt konkretisiert werden, dass es Dritten nicht grenzenlos ermöglicht wird, Bilder und andere Inhalte auf ihre eigenen Websites zu framen und damit über Werbung Geld zu verdienen, ohne auch nur einen Cent für den Einkauf von Content bezahlen zu müssen.
Dieser Beitrag stammt aus ProfiFoto 4/17