Am 4. November 2016 hätte der Fotograf Robert Mapplethorpe seinen 70. Geburtstag gefeiert. Ab 3. November kommt aus diesem Anlass der Dokumentarfilm „Mapplethorpe – Look at the pictures“ in ausgewählte Programmkinos.
Robert Mapplethorpe war berühmt und berüchtigt. Mehr Skandal als seine Fotografien machte nur sein Leben. Robert Mapplethorpe war besessen von der Magie der Fotografie und der Magie des Sex – und er verfolgte beide mit unstillbarer Hingabe. „Look at the pictures – schaut euch die Bilder an!” Mit diesen Worten prangerte Senator Jesse Helms das Werk von Robert Mapplethorpe im Kongress an. Fünfundzwanzig Jahre später fordert der erste umfassende Dokumentarfilm über den Künstler seit seinem Tod genau das – mit uneingeschränktem Zugang zu seinen Archiven und seinem Werk, den einzigartig ästhetisierten Bilden von schwulem Sex, Blumenstilleben, Akten von schwarzen Lovern, High-Society-Porträts und SM-Praktiken.
Mapplethorpe mag Hunderte von Liebhabern gehabt haben, aber nur wenige spielten eine Schlüsselrolle in seinen Beziehungen, und davon sind fast alle mit ihrem Zeugnis im Film vertreten. Das Porträt des Künstlers wird abgerundet von den Erinnerungen seiner älteren Schwester Nancy und seines jüngsten Bruders Edward. Edward, selber Künstler und Fotograf, arbeitete viele Jahre als Roberts Assistent und trug maßgeblich zur technischen Exzellenz seines Werks bei. Doch die wichtigste Stimme in diesem Dokumentarfilm ist Mapplethorpes eigene Stimme. Dank einer Reihe von wiederentdeckten Interviews ist er der Erzähler. Absolut offen und schockierend ehrlich spricht er über sein Leben, seine Lieben und sein Werk. Durch seine Augen betrachtet, bilden sie ein eng verwobenes Ganzes, eine allumfassende Lebenskunst. Das Resultat ist das faszinierende Porträt eines Künstlers, der sein Leben nicht nur dem Ziel widmete, „es zu schaffen” und mit seiner Kunst reich und berühmt zu werden, sondern zugleich dem vom ihm gewählten Medium, der vom Kunstbegriff seinerzeit ausgeschlossenen Fotografie, die Anerkennung als Kunstform zu verschaffen.
Und nicht zuletzt: durch seine Bilder schwule Sexualität in der Öffentlichkeit salonfähig zu machen. Beides ist ihm durch elegante Provokation geglückt – und seine letzte Ausstellung, THE PERFECT MOMENT, noch von ihm selbst geplant, als er bereits mit AIDS im Sterben lag, sollte sich als Zeitbombe erweisen, die einen bis heute nachhallenden Kulturkrieg entzündete.
MAPPLETHORPE: LOOK AT THE PICTURES
Ein Dokumentarfilm von Fenton Bailey & Randy Barbato
mit Robert Mapplethorpe, Edward Mapplethorpe,
Fran Lebowitz, Brice Marden, Debbie Harry u.a.
USA/Deutschland 2016, 108 Minuten
http://www.mapplethorpe-derfilm.de/