Ein attraktives und aussagekräftiges Portfolio zusammenzustellen, ist auch für Profifotografen nicht leicht. Aber junge Fotografen, die nach dem Studium oder der Ausbildung eine erste Mappe gestalten wollen, stehen oft vor einem riesigen Problem. Sie können sich nicht entscheiden, wollen möglichst viele Bilder zeigen und damit Bandbreite signalisieren. Um möglichst professionell zu wirken, wählen sie Einzelmotive von unterschiedlichsten Themen aus, die in der Abfolge nicht zusammenpassen und keinen stimmigen Spannungsbogen ergeben. Dadurch wird bei vielen Nachwuchsfotografen das erste Portfolio zu einem Gemischtwarenladen, der eher das Gegenteil bewirkt und für Profikunden wenig zu bieten hat.
Gerade von der photokina in Köln zurückgekehrt, sind die Eindrücke noch frisch. Besonders habe ich mich über die Nachwuchsfotografen gefreut, die sich fürmeinen Vortrag auf der Professionals Stage interessiert haben und sich im Anschluss für die Mappensichtung in der photokina Professionals Lounge angemeldet haben. Denn erstmalig hat die photokina eine Mappensichtung für Fotografen initiiert, die sich professionelles Feedback von verschiedenen Experten wünschen. Das Angebot wurde gut genutzt und die Termine schnell vergeben. Leider ist die Zeit für ein fundiertes Feedback knapp.
Denn gerade junge Fotografen, die sich nach dem Studium und neben der Assistenzzeit selbständig machen wollen, haben viele Fragen, die beantwortet
werden wollen. Die richtige Mappen-Zusammenstellung ist dabei ein zentrales Thema. Meine Gespräche und Mappenreviews mit den jungen Fotografen waren interessant. Die meisten waren Studienabsolventen unterschiedlicher Hochschulen und es stellte sich heraus, dass keiner der Nachwuchsfotografen im Rahmen des Studiums Informationen oder Tipps zum ersten Portfolio erhalten hat. Niemand wusste so recht, was zum Beispiel in eine Mappe zur Bewerbung bei einem Werbefotografen als Assistent rein soll. Auch welche Bildauswahl für einen Mappentermin bei einer Redaktion oder einer Werbeagentur relevant ist und wie man es am besten präsentiert, war vielen unklar. Dabei ist dieses Thema für einen guten Start in die Selbständigkeit so wichtig. Wie bewerte ich meine Bilder selbst, nach welchen Kriterien suche ich meine Bilder aus und wie viele Motive soll ich zeigen? Selbst erfahrene Werbefotografen tun sich mit diesen Fragen schwer. Vielen Fotografen fehlt die nötige Distanz zu ihren Bildern.
In der Auswahl und Zusammenstellung für das Portfolio gelingt es oft nicht, eine gute Linie zu finden, die ihr Profil betont. Besonders bei jungen Fotografen besteht eine erste Mappe oft aus einer losen Sammlung und Aneinanderreihung von Einzelmotiven, die keine klare Linie ergibt. Sie kombinieren Stills mit Porträts oder Mode und gehen bei einem Thema kaum in die Tiefe. Nachwuchsfotografen haben noch nicht so viele Referenzen oder freie Arbeiten, das heißt, die Auswahlmöglichkeiten sind deutlich geringer als bei einem erfahrenen Fotografen, der seit Jahren im Geschäft ist. Trotzdem können Sie,
mit einigen simplen Tipps, eine gute erste Mappe zusammenstellen: Mal abgesehen von der Diplomarbeit, die auch interessant sein kann für die Mappe, sollten Sie immer kleine Serien auswählen, anstatt Einzelmotive. Potenzielle Kunden interessieren sich mehr dafür, wie Sie eine Geschichte aufbauen und konzeptionell umgesetzt haben, als wie viele unterschiedliche Stile und Genres Sie können. Zeigen Sie lieber wenige ausgewählte Themen. Besser nur drei Themen oder Serien mit jeweils vier bis acht Bildern als zu viele Seiten mit unzusammenhängenden Motiven. Überlegen Sie sich bei der Auswahl der Bilder, wer Ihre Mappe sehen soll. Stellen Sie die Bilder für einen potenziellen Kunden zusammen, eine Redaktion oder eine Werbeagentur? Dann überlegen Sie, was diese Kunden interessieren könnte und wählen Sie Motive und Serien danach aus. Beginnen Sie Ihre Mappe immer mit einem aktuellen und starken Thema, spannen Sie den Bogen danach weiter, indem Sie bei der Abfolge auf Bildsprache und Thema achten. Was passt gut zusammen, welche Serien ergänzen sich gut in der Folge. Der Schlusspunkt der Mappe sollte wieder ein starker Akzent sein und muss nicht unbedingt eine Serie sein. Und wichtig: Stehen Sie dazu, dass Sie Nachwuchsfotograf sind, gehen Sie positiv und offen damit um. Kein Kunde oder Profifotograf erwartet von Ihnen, dass Ihre Mappe schon jetzt das Niveau eines erfahrenen Werbefotografen hat.
Ein letzter Tipp: Für Fotografen in Hamburg gibt es Portfolioberatungen von Experten über die Hamburg Kreativ Gesellschaft.
Und wie steht es mit Ihrer Mappe?
Diese Kolumne ist in ProfiFoto 11/16 erschienen.
Silke Güldner berät Fotografen und Kreative bei
der richtigen Positionierung, dem Auftritt und der
digitalen Präsentation.
www.silkegueldner.de