Eingangs möchte ich zwei Dinge klarstellen: Ja, ich bin der Auffassung, dass man mit ausnahmslos jedem rechtlichen Belang sofort zum Anwalt gehen sollte und nein, der folgende Artikel soll niemanden zu diesem Verhalten verleiten.
Nachfolgend zeige ich welche Gedanken ich, mir mache, wenn ein Mandant mit einem jungfräulichen Bilderklau-Fall zu mir kommt und wie meine stets gleichen ersten Schritte aussehen.
Und eines ist sicher, egal ob der Fall direkt zum Anwalt wandern soll oder der Fotograf selbst in den Kampf mit den Bilderdieben zieht, die Vorbereitung sollte stets dieselbe sein, um böse Überraschungen zu verhindern:
1. Lizenz ausschließen – auch über drei Ecken
Als Anwalt, der das Bild nicht verkauft hat, kann ich es nicht nachvollziehen, ob der Verwender der Aufnahme nicht doch irgendwoher eine Lizenz zur Nutzung haben könnte. Daher frage ich meinen Mandanten an der Stelle häufig ein unnötig erscheinendes Loch in den Bauch, um zu vermeiden, dass man gegen eine rechtmäßige Verwendung alle Register zieht und am Schluss dafür noch auf den Kosten der Gegenseite sitzen bleibt.
Hier sollte man sich überlegen, ob es nicht sein kann, dass ein Kunde das Recht zur Vergabe von Unterlizenzen hatte oder ob man das Bild nicht an eine Bildagentur gegeben hat, die es an eine andere Agentur gegeben hat, die es an eine andere Agentur gegeben hat, bei der der vermeintliche Rechtsverletzer das Bild dann ehrlich erworben hat. Wenn man sich nicht sicher ist, rate ich dringend davon ab, es erst einmal zu versuchen und notfalls zurückzurudern, wenn die Gegenseite dann doch eine Lizenz auf den Tisch legt. Oft gibt es Fälle, bei denen der Fotograf sich nicht zu 100 % sicher ist, der Verwendung aber „illegal“ quer über die Stirn geschrieben steht. Hier rate ich zumeist auch dazu, konservativ vorzugehen und einer sogenannten Berechtigungsanfrage den Vorzug vor einer Abmahnung zu geben. Mit der Berechtigungsanfrage teilt man mit, dass man in seinen Unterlagen keine Lizenz zu der Verwendung findet und um Aufklärung bittet, woher die Aufnahme stammt.
2. Augen nach weiteren Verstößen offenhalten
Wenn man definitiv ausschließen kann, dass eine Lizenz vorliegt, sollte man sich beim Auffinden einer Rechtsverletzung Gedanken dazu machen, ob es wahrscheinlich ist, dass die Aufnahme auch noch an anderer Stelle vom Rechtsverletzer verwendet wird, da eine gefundene Bildnutzung oftmals nur die Spitze des Eisbergs darstellt. Dies bietet sich zum Beispiel bei PDF-Dateien an, bei denen es naheliegt, dass die Veröffentlichung auch als Print erfolgt. In solchen Fällen lohnt sich oft weitere Recherche oder die Kontaktaufnahme mit dem Verwender verbunden mit einer Nachfrage, ob es auch eine Printversion gibt und ob er eine Ausgabe davon zur Ansicht zusenden könnte. Auch macht es Sinn, sich den gesamten Internetauftritt des Unternehmens anzusehen, welches die Rechtsverletzung begangen hat. Oftmals werden die Bilder mehrfach verwendet, sei es auf anderen eigenen Websites, im Rahmen von Pressemitteilungen über die gängigen Portale oder in den unternehmenseigenen Social Media Profilen.
3. Beweise sichern
Sollte die Rechtsverletzung in einem gedruckten Produkt beinhaltet sein, hält man den Beweis im Idealfall schon in Händen. Nachdem ich auch hier schon viel erlebt habe, dennoch der Hinweis: Falls Ihr das komplette Printprodukt nicht habt, kauft es Euch! Ich habe schon einige Male Handyfotos von Bildern und einigen drum herum befindlichen Wortfetzen mit der Bitte um Nachverfolgung erhalten. Auf den Hinweis, dass ich schon wissen müsste, um welche Zeitung, Ausgabe, Seite, etc. es sich handelt, kam die Antwort, dass es schon eine uralte Veröffentlichung sei und der Weg zum ersehnten Schadensersatz wurde durch die davor erforderliche Beschaffung der notwendigen Informationen unnötig länger.
Onlineverwendungen haben zwar den Vorteil, dass man sie relativ leicht auffinden und mittels verschiedener technischer Möglichkeiten auch gezielt nach seinen Bildern suchen kann. Der Nachteil und eine weit verbreitete Masche unter Bilderdieben ist aber, dass das Bild schnell gelöscht und bestritten wird, dass die Aufnahme jemals online gewesen ist. Einen Screenshot bekommt sicherlich jeder noch zustande, aber hier liegt der Teufel im Detail. Mit dem Gedanken im Hinterkopf, dass der Seitenbetreiber nach dem ersten Anschreiben unter Umständen die komplette Website vom Netz nimmt, sollte man versuchen, möglichst viele Informationen zu sichern, die auch in einem gerichtlichen Verfahren eine erfolgreiche Rechtsverfolgung ermöglichen. Dazu gehören etwa die Nachweise über die Nutzungsdauer der Aufnahme oder desjenigen, der für die Website laut den Angaben im Seitenimpressum verantwortlich ist. Auch ist oftmals von Bedeutung, ob die Website kommerziellen oder redaktionellen Charakter hat, oder, bei ausländischen Seiten, ob die Seite sich auch an deutsche Leser richtet.
Bei Screenshots im Allgemeinen kann einem die Zivilprozessordnung auf die Füße fallen, die vorsieht, dass eine Partei im Zivilverfahren nicht gleichzeitig Zeuge sein kann. Das bedeutet, dass der Fotograf, der nur selbst gemachte Screen-shots vorlegt, nicht beweiskräftig aussagen kann, dass er die Nutzung mit eigenen Augen gesehen und die Screenshots selbst gemacht hat. Dieses Problem lässt sich dadurch umgehen, dass ich die Nutzung einem Dritten zeige und dieser die Screenshots für mich macht.
Mit diesen Vorüberlegungen und einem gut mit Screenshots gefüllten Ordner kann nun auch dann nicht mehr all zu viel schiefgehen, wenn man ohne Anwalt loszieht und der Gegner versucht, einen über den Tisch zu ziehen. Das meiste lässt sich in so einem Fall auch im Nachhinein wieder hinbiegen, sofern vor dem ersten Kontakt mit dem Gegner die oben genannten drei Schritte beachtet wurden.
Diese Rubrik ist der ProfiFoto 9/16 erschienen.