Laut einer aktuellen Umfrage von Berufsfotografen.com, die auch in diesem Heft in der Rubrik Business zu finden ist, arbeiten etwa 90 Prozent der befragten Fotografen als Einzelunternehmer und Freiberufler.
Darunter sind alle Arbeitsbereiche der Berufsfotografie vertreten, von Porträt, People oder Mode über Stills, Food, Architektur oder Hochzeiten. Leider sind viele Fotografen nicht nur in der Rechtsform Einzelunternehmer, sie arbeiten am liebsten auch exklusiv für ihre Kunden und teilen den Kontakt nicht gern. Dabei hat es für Fotografen viele Vorteile, sich interdisziplinär zu vernetzen. Denn das Co-Working oder leistungs- und medienübergreifende Netzwerk mit anderen Freiberuflern erhöht die Attraktivität für neue Kunden.
„Make some money along your way“ – diesen Tipp gab neulich ein Fotografenduo in einem Workshop an die teilnehmenden Fotografen weiter, die ihren wirtschaftlichen Erfolg stärken wollten und nach neuen Einnahmequellen suchten. Was soviel heißt wie: Such dir Leistungen, die du neben dem Fotohonorar berechnen und verkaufen kannst. Ein sinnvoller Tipp, falls damit nicht etwa bedruckte T-Shirts oder ähnliches gemeint sind. Denn für viele Fotografen ist es nicht leicht, das eigene Fotohonorar, die Bildbearbeitung oder das Datenhandling angemessen abzurechnen. Und die meisten Kunden erwarten, dass die gewünschten Nutzungsrechte ohne zusätzliches Honorar eingeräumt werden. Deshalb ist diese Einnahmemöglichkeit sehr begrenzt. Der Gedanke, nach neuen Einnahmequellen zu suchen, die einen Mehrwert bieten und Kunden und Fotografen zufrieden stellen, liegt auf der Hand.
Laut Umfrage von Berufsfotografen.com sind 39 % der befragten Fotografen zwischen einem und fünf Tagen pro Monat gebucht. Da bleibt noch ausreichend Zeit, für andere Aufgaben, die auch zur Arbeitszeit zählen, wie etwa Akquisition, Büroorganisation oder die Erstellung von freien Arbeiten. Und auch das Aufbauen und Pflegen eines guten Netzwerks mit anderen Freiberuflern sollte zur Arbeitszeit zählen. Einzelunternehmer, die für ähnliche Aufgaben oder Kunden engagiert werden und deren Portfolio das Leistungs-Portfolio eines Fotografen gut ergänzten. Die Schnittmenge der „ähnlichen Kunden“ bildet hier einen gemeinsamen Interessen-Pool und kann in der Akquise und in der gegenseitigen Empfehlung wunderbar genutzt werden.
Cross-Selling heißt das im Marketing und bedeutet „das Verkaufen von sich ergänzenden Produkten oder Dienstleistungen“. Das Ziel ist, langfristig mehr Leistungen des eigenen Portfolios zu platzieren – eine Art ganzheitliche Verkaufsstrategie mit Mehrwert für den Kunden. Nicht nur in der Auftragsfotografie können Fotografen ihren Kunden unterschiedliche „ganzheitliche Lösungen“ und Umsetzungen verkaufen. Auch andere Disziplinen und Dienstleistungen, wie zum Beispiel Konzeption und Beratung, Text und Gestaltung oder Film runden das „ganzheitliche Portfolio“ ab und bereichern die Werbung oder Unternehmenskommunikation des Kunden. Mittel- und langfristig erhöht erfolgreiches Cross-Selling die Kundenbindung und stärkt die Beziehung Kunde – Fotograf. Berufsfotografen.com hat in der Umfrage auch festgestellt, dass 80 % der befragten Fotografen über Weiterempfehlung und ca. 30 % über das Netzwerken zu neuen Aufträgen und Kunden kommen. Damit sind es die stärksten Werkzeuge für den wirtschaftlichen Erfolg und das Image als Fotograf. Deutlich besser als persönliche Akquisition oder Werbung in Social Media Netzwerken und Suchmaschinen.
Oft teilen sich Fotografen mit Fotografen-Kollegen ein Studio oder Atelier. Das ist gut, aber diese „Monokultur“ führt in seltenen Fällen zu neuen Aufträgen oder Kontakten, da Fotografen sich untereinander selten Aufträge empfehlen. Sie achten sogar sehr auf Diskretion, damit wertvolle Kontakte nicht abwandern. Zielführender im Sinne des Cross-Sellings sind interdisziplinäre Arbeitsgemeinschaften und Ateliers, in denen Freiberufler zusammenarbeiten, die voneinander profitieren, wenn sie sich gegenseitig für Aufgaben und neue Jobs beim Kunden ins Gespräch bringen. Dieses Co-Working beendet das Einzelgängertum vieler Fotografen und kann für neue Kundenkontakte sorgen, die zu neuen Aufträgen führen. Und was beim potenziellen Kunden ankommt ist – der Fotograf bietet seine Dienstleistung nicht isoliert an, sondern er verfügt über ein professionelles Netzwerk an kreativen Dienstleistern, die Hand in Hand für den Bedarf des Kunden arbeiten können.
Zusätzlich führt das Kollektiv zu einem frischen fachlichen Austausch, einem professionellen Netzwerk und netten Kollegen für die Mittagspause und das ist doch eine positive Nebenwirkung.
Und welche Disziplinen bieten Sie an?
Silke Güldner berät Fotografen und Kreative bei der richtigen Positionierung, dem Auftritt und der digitalen Präsentation.
Diese Kolumne ist der ProfiFoto 9/16 erschienen.