Die 10. Zivilkammer des Landgericht Hamburg hat im Prozess Robert Kneschke gegen den LAION e.V. die Klage auf Unterlassung der Vervielfältigung seiner Fotografie abgewiesen.
Streitpunkt zwischen den Parteien war die Frage, ob LAION e.V. zum Zwecke der Erstellung eines KI-Trainingsdatensatzes urheberrechtlich geschützte Fotografien herunterladen und vervielfältigen darf.
LAION e.V. bietet zum Training von KI-Bildgeneratoren bekanntlich unter anderen den Datensatz „LAION-5B“ an. Dieser Datensatz enthält über 5,8 Milliarden Links zu Bildern samt Textbeschreibung, hierunter auch ein Bild, an dem Robert Kneschke die Urheberrechte hält, da er es selbst aufgenommen hat. Der Fotograf sieht darin seine Urheberrechte verletzt und beauftragte den Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht Sebastian Deubelli (SLD Intellectual Property) mit der Wahrung seiner Interessen. Dieser hat LAION e.V. auf Unterlassung hinsichtlich dieser konkreten Aufnahme verklagt.
Sebastian Deubelli: „Nach unserer Rechtsauffassung bestand und besteht auch weiterhin massiver Zweifel daran, dass die in Rede stehende Handlung des Beklagten durch die urheberrechtlichen Schrankenbestimmungen zum Text und Data Mining, im Speziellen die §§ 44b und 60d UrhG, gedeckt sein könne. Damit sind wir nicht alleine. So wurde durch Sebastian Stober und Tim W. Dornis Anfang September 2024 ein Tandemgutachten fertiggestellt. Im Auftrag der Initiative Urheberrecht befassten sie sich mit der Frage, ob KI-Training eine Urheberrechtsverletzung darstellt. Das Fazit von Rechtswissenschaftler Dornis ist eindeutig: „Wie ein genauerer Blick auf die Technologie generativer KI-Modelle offenbart, ist das Training solcher Modelle kein Fall von Text- und Data-Mining. (…) Es handelt sich um eine Urheberrechtsverletzung – dafür ist nach deutschem und europäischem Urheberrecht keine gültige Schranke in Sicht.“
Noch im Gütetermin am 11.07.2024 hatte die 10. Zivilkammer des Landgericht Hamburg im Rahmen der Einführung in den Sach- und Streitstand verlauten lassen, dass man aktuell noch unschlüssig sei: Falls die Ausnahme des § 44b UrhG greifen würde, müsste man auf Klägerseite wohl mit der Klageabweisung rechnen. Sollte dem nicht so sein, würde man gegebenenfalls noch weiteren Vortrag zum Vorliegen der Voraussetzungen des § 60d UrhG benötigen.
Entgegen der Ankündigung weiteren Sachvortrag der Parteien anzuhören, hat das Gericht die Klage auf der Basis der Schrankenregelung des § 60d UrhG abgewiesen. Man hält die Voraussetzungen auf Basis der bisher vorgetragenen Argumente nun doch für gegeben.
„Wir sind der Auffassung, dass das Gericht vorliegend die Frage, ob durch die Handlung des Beklagten überhaupt Text und Data Mining vorliegt, unzutreffend bajaht hat“, so Rechtsanwalt Deubelli. „Das Gericht hat die von uns hierzu vorgelegte Studie von Stober und Dornis zwar zur Kenntnis genommen, ist sodann aber nicht nachvollziehbar zum Schluss gekommen, dass es sich dennoch im vorliegenden Fall um Text und Data Mining handeln würde.“
Erfreulich ist, dass das Gericht dazu neigt, auch einen Rechtsvorbehalt in natürlicher Sprache als maschinenlesbar im Sinne des § 44b Abs. 3 S. 2 UrhG zu werten. Dies dürften eine auch abseits dieses Verfahrens laufenden Diskussion zwischen Rechteinhabern und KI-Organisationen ein Ende bereiten.
„Über den Hauptgrund für die Klageabweisung waren wir, wie auch der Kläger sehr erstaunt“, so Deubelli. „Das Gericht geht davon aus, dass der Beklagte vorliegend forschend tätig sei und sich daher auf die Ausnahmereglung des § 60d UrhG berufen könne. Ausgehend davon, dass nach unserer Auffassung bislang die vermeintliche Forschung seitens des Beklagten nicht im Ansatz nachgewiesen worden ist, legt das Gericht die Messlatte für diese urheberrechtliche Schranke mit dem Urteil sehr niedrig. Im Ergebnis würde dies bedeuten, dass es irrelevant wäre, wer die erstellten Trainingsdaten im Nachgang (kommerziell und nicht-kommerziell) nutzt, solange die urheberrechtlich relevante Vervielfältigungshandlung im Vorfeld von einem Verein wie dem Beklagten vorgenommen wird. Es bedarf nicht recht viel Fantasie, um zu erkennen, dass diese Auslegung des § 60d UrhG künftig massive Nachteile für Urheberinnen und Urheber zur Folge hätte, wenn es nur dieses Zwischenschrittes bedarf, um alle urheberrechtlichen Bedenken vom Tisch zu wischen. Urheberinnen und Urheber hätten in diesem Fall keine Möglichkeit, KI-Training unter Verwendung ihrer geschützten Werke zu verhindern.“
Robert Kneschke erwägt unter anderem aus oben genannten Gründen, Berufung einzulegen und das Urteil des Landgerichtes anzufechten.