Vom 22. September bis zum 15. Dezember 2024 präsentiert das Fotografie-Forum in Monschau eine umfassende Überblicksausstellung der Künstlerin Helga Paris.
Die Anfang diesen Jahres verstorbene Künstlerin galt als eine der wichtigsten fotografischen Stimmen ihrer Generation. Über 30 Jahre lang schuf sie ikonische Porträts sowie einfühlsame Aufnahmen ihrer Umgebung. Für ihr Lebenswerk wird Helga Paris ebenso der Kunstpreis des Fotografie-Forums posthum verliehen. „Es freut mich sehr, dass wir dieser Ausnahmefotografin mit der Ausstellung und dem Kunstpreis eine besondere Ehre erweisen können. Ihre originellen und geradezu zärtlichen Aufnahmen sind unvergleichlich“, so die Leiterin des Fotografie-Forums Dr. Nina Mika-Helfmeier, die die Schau kuratiert hat.
Als Autodidaktin begann Helga Paris auf Anraten eines Freundes in den 1960er Jahren ihre Umgebung im Berliner Stadtteil Prenzlauer Berg zu fotografieren. In den darauffolgenden Jahren und Jahrzehnten nimmt sie besonders die Menschen des Arbeiterstadtteils in den Blick, fotografiert Müllfahrer, Kneipengänger oder Möbelpacker. Die Aufnahmen sind dabei von einem besonderen Verständnis und Einfühlungsvermögen geprägt. Helga Paris gelingt es, die Eigenheiten der Dargestellten sorgsam festzuhalten, ohne diese zu exponieren oder gar zum reinen Objekt zu machen. Den besonderen Bezug der Künstlerin zum Medium der Fotografie beschreibt ihre Tochter, Jenny Paris, wie folgt: „Meine Mutter hielt mit Hilfe der Kamera das Dasein in seiner Vielschichtigkeit in einer hundertstel Sekunde fest. Das tat sie mit all ihren Sinnen. Leidenschaftlich! Ihre Hingabe zur Fotografie prägte unser Zusammenleben als Familie entscheidend, was für uns Kinder eine große Freiheit bedeutete, recht früh aber auch eine Eigenverantwortlichkeit abverlangte.“
Diese Vielschichtigkeit zeigt ebenso die Serie „Berliner Jugendliche“ aus den 1980er Jahren. Fasziniert verfolgt Helga Paris das Treiben der Punker in Ostberlin, zu denen auch ihre beiden Kinder gehören. Sie ist bestürzt über die Aggressivität der Musik, die sich auf den Konzerten entlädt. In der Begegnung mit den Jugendlichen denkt sie jedoch auch „Was für zarte Geschöpfe! So was Liebes!“ und beschließt, sie in ihrer Wohnung oder im Treppenhaus zu porträtieren. Die gefühlvollen Nuancen der kompositorisch strengen Aufnahmen ziehen die Betrachtenden noch heute in ihren Bann. Die inneren Ambivalenzen der Dargestellten werden nahezu greifbar, nicht zuletzt deshalb erzählen die Fotografien von einer Jugend zwischen Stillstand und Aufbruch, die ihren Platz in der Gesellschaft erst noch finden muss.
Später fotografierte Paris ebenso in Siebenbürgen, Georgien, Moskau, Wolgograd und New York. Ihre Fotografien fertigte sie stets im kontrastreichen Schwarz-Weiß an, denn „Schwarz-Weiß, das ist an sich schon etwas Künstlerisches. Das ist ja schon eine Abstraktion von den Farben, und nur die Proportion und die Komposition zählen“, so die Fotografin. Den poetischen Aufnahmen ist anzumerken, dass Helga Paris stets von der Malerei und dem klassischen Kino inspiriert war und ihre Vorbilder weniger in der Fotografie suchte.
Ihre berühmte Serie „Häuser und Gesichter, Halle 1983–85“ zeichnet ein beeindruckendes Panorama der Stadt an der Saale. Neben den Porträtaufnahmen der Einwohner_innen sind es insbesondere die Architekturfotografien der verfallenen Bausubstanz, die eine einzigartige melancholische Stimmung entstehen lassen. Die für 1986 geplante Präsentation der Aufnahmen sowie der begleitende Bildband wurden zunächst von den SED-Funktionären verboten, weil die Fotografien den desaströsen Zustand der Stadt offenlegten. Erst nach der Wende konnte die Schau in Halle präsentiert werden, unter dem Titel „Diva in Grau“ erschien wenig später der dazugehörige Bildband, der von literarischen Stimmen begleitet wurde.
Für ihre beeindruckende Arbeit und ihr Lebenswerk wird Helga Paris in diesem Jahr der Kunstpreis des Fotografie-Forums der StädteRegion Aachen posthum verliehen. Die Preisverleihung findet zur Vernissage der Ausstellung am 22.09.2024 um 12 Uhr statt. Entgegennehmen wird den Preis Jenny Paris, die als Tochter für das Archiv der Künstlerin verantwortlich zeichnet.