Der Kinofilm DIE FOTOGRAFIN kommt am 26. September in die Kinos und erzählt die Geschichte der legendären Lee Miller als eine jener unerschrockenen Frauen, die den Weg in eine Männerdomäne ebneten und mit ihren Bildern die Art und Weise veränderten, wie wir die Welt sehen.
Gemeinsam mit Lee Millers Sohn, Antony Penrose, begann Kate Winslet bereits 2016 mit der Entwicklung von DIE FOTOGRAFIN. Im Vordergrund stand dabei Millers prägendster Lebensabschnitt, ihre Zeit als Kriegsberichterstatterin an der Front des Zweiten Weltkrieges. Über mehrere Jahre hinweg tauchten Winslet und Penrose in Lee Millers persönliche Archivmaterialien ein. Insbesondere blickten sie auf die Ereignisse, die Miller dazu bewegten, ihre Stimme als Zeugin des Krieges zu nutzen.
Der Film basiert auf der von Lees Sohn Antony Penrose verfassten Biografie „Immer lieber woandershin – Die Leben der Lee Miller“. Oscar-Preisträgerin Kate Winslet spielt selbst die Hauptrolle in diesem faszinierenden Porträt einer Frau, deren einzigartiges Talent und unerbittliche Hartnäckigkeit einige der einflussreichsten Bilder des 20. Jahrhunderts kreierten.
Das Drehbuch
Die 1907 in Poughkeepsie, New York, geborene Elizabeth „Lee“ Miller war, wie Kate Winslet sie beschreibt, „eine unaufhaltsame Naturgewalt mit einer ungeheuren Lebenslust“. Bekanntlich wurde sie vom Verlag Condé Nast entdeckt und machte zunächst Karriere als Fotomodell. Sie arbeitete für viele Publikationen, darunter auch die Vogue, bevor sie es schnell leid war, durch den männlichen Blick betrachtet und vor der Linse positioniert zu werden. Also wechselte sie die Laufbahn und zog nach Paris, wo sie mit Man Ray zusammen lebte und arbeitete.
Es war Lee Miller, die die Technik der Solarisation entdeckte (die lange Zeit Man Ray zugeschrieben wurde). Bald gründete sie ihr eigenes Studio und begann, erfolgreich als Fotografin zu arbeiten.
Einige Jahre später änderte die Bekanntschaft zu dem Engländer und Kunsthändler Roland Penrose ihre Laufbahn erneut. Roland und Lee verliebten sich. Dafür ließ sie ihr früheres Leben hinter sich und zog mit ihm nach London. Das war zu Beginn des Zweiten Weltkriegs. Lee Miller, eine Frau mittleren Alters in einer Männerwelt, weigerte sich, pflichtbewusst ihren Beitrag zu leisten, wie es von allen Frauen in England während des Krieges erwartet wurde. Stattdessen beschloss sie, das Patriarchat herauszufordern und überwand enorme Hindernisse, bevor sie schließlich allein an die Front in Europa reiste, um für die Leserinnen der britischen Vogue den Krieg zu fotografieren und darüber zu berichten.
Ihr natürliches Verständnis für Frauen und die Not der stummen Opfer von Krieg und Vertreibung, kombiniert mit ihrer Fähigkeit, Zerbrechlichkeit und Grausamkeit in gleichem Maße fotografisch einzufangen, kennzeichnet ihre außergewöhnlichen Bilder aus dem Zweiten Weltkrieg und andere Arbeiten – und verschaffte ihr zu Recht einen Platz in der Geschichte als eine der bedeutendsten Fotografinnen des 20. Jahrhunderts.
Der Auslöser für Kate Winslet, den Film zu machen, entstand aus einem zufälligen Moment heraus, als sie ein Relikt aus Lee Millers Vergangenheit erstand: „Vor neun Jahren rief mich ein wirklich guter Freund an, der in Cornwall lebt und für ein Auktionshaus arbeitet. Er sagte: ‚Kate, in einer bevorstehenden Auktion wird ein erstaunlicher Tisch versteigert, den musst du unbedingt erwerben. Die Geschichte dahinter ist unglaublich! Da mein Freund wusste, dass ich gerne koche und große Abendessen ausrichte und alte Tische liebe, wusste er, dass dies meine Neugier wecken würde. Schließlich habe ich ihn gekauft. Er ist wunderschön. Er ist alt und knorrig, mit einer rauen, unebenen Oberfläche. Er bietet Platz für etwa acht Personen!“ Der Geschichte nach gehörte der Tisch Annie Penrose, der Schwägerin von Roland Penrose, dem späteren Ehemann von Lee Miller. Der Tisch war das Herzstück in der Küche des Hauses, in dem Lee Miller viele glückliche Sommer in Cornwall verbrachte, mit Künstlern wie Roland, Max Ernst, Noel Coward und Paul Éluard, um nur einige zu nennen. Während dieser hedonistischen Sommer der Liebe bereiteten die Künstler an diesem Tisch Mahlzeiten zu, aßen, diskutierten und schufen Ideen. Der Erwerb dieses Tisches brachte Winslet auf ihre eigene spätere kreative Reise.
Je mehr Kate Winslet über Lee Miller herausfand, umso brennender erschien die Frage: „Warum hat noch niemand einen Film über sie gedreht?“ Winslet war entschlossen, mehr herauszufinden. Sie wandte sich an Antony Penrose, den Sohn von Lee Miller und Roland Penrose. Er sagte ihr: „Viele Männer haben versucht, einen Film über Lee zu drehen. Wir haben eine ganze Kiste mit Drehbüchern auf dem Dachboden, die nie umgesetzt wurden.“ Auf die Frage von Winslet, warum das so sei, antwortete Antony: „Sie haben sie einfach nicht richtig verstanden.“
Winslet erkannte schnell, dass die echte Lee Miller vielleicht in keinem der historischen Bücher, die über sie geschrieben wurden, zu finden war. Es stellte sich heraus, dass sie Recht behielt.
In den folgenden Jahren arbeitete Winslet sehr eng mit Antony Penrose zusammen und begann einen langwierigen kreativen Prozess, um einen Zugang zu Millers außergewöhnlichem Leben zu finden.
Ausgehend von Antonys Buch machte sich Winslet daran, die tieferliegenden Seiten der Fotokünstlerin zu verstehen. Sie erhielt uneingeschränkten Zugang zu den Archiven von Lee Miller und entdeckte die Komplexität dieser brillanten, warmherzigen, charismatischen und mutigen Frau. Dabei ging sie bis in ihre Kindheit zurück, die geprägt wurde von ihrer Fähigkeit, das Leben in vollen Zügen zu genießen. Winslet, die oft als Vorbild und Muse gesehen wird, erkannte schnell, dass die öffentliche Person Lee Miller in starkem Gegensatz zur Realität dieser entschlossenen, kraftvollen und doch fehlerhaften Frau mittleren Alters stand, die den Mut hatte, Risiken einzugehen und sich ganz allein an die Front begab.
Die Struktur des Drehbuchs war die größte Herausforderung. „Lee lebte viele Leben, und die Entscheidung für den wichtigsten Abschnitt ihres Lebens war nicht so leicht“, sagt Winslet, „wir haben uns immer wieder gesagt, dass wir nicht in die Falle eines Biopics tappen dürfen. An dieser Erzählstruktur waren wir nicht interessiert. Außerdem wäre es unmöglich gewesen, die Geschichte von Lee Miller von der Wiege bis zur Bahre in einem Spielfilm zu erzählen, weil sie sich im Laufe ihres Lebens so oft neu erfand.“
Der Film ist klugerweise kein Biopic, bestätigt Penrose: „Es wurden die markantesten Momente aus Lees Leben ausgewählt, die ihre Persönlichkeit genau wiedergeben.“ Die Produzentin Kate Solomon ergänzt: „Es geht nicht um die Dramatik von Lees Leben, sondern vielmehr um ihr Inneres, wie sie sich fühlte und was sie animierte. Es ist eine Geschichte über eine Frau, ein menschliches Wesen mit Herz und Seele, und darüber, wie die Schrecken des Krieges sie beeinflusst haben.“
Für Winslet war der Fokus des Drehbuchs auf ein bestimmtes Jahrzehnt in Millers Leben eine Möglichkeit, „all die vorgefertigten Meinungen über Lee Miller als Modell und Gegenstand der Blicke vieler männlicher Künstler loszuwerden.“ Wir wollten die Wahrheit darüber erzählen, wer Lee war und zu wem sie durch ihre Erfahrungen als Kriegsfotografin wurde. Das begann sich zu entfalten, als wir uns auf ihre Jahre als Fotografin konzentrierten, in denen sie für die britische Vogue arbeitete und während des Zweiten Weltkriegs als Kriegsberichterstatterin an die Front ging. Da spürten wir, dass dies das spezifische Jahrzehnt ihres Lebens war, auf das wir uns konzentrieren wollten.“
Solomon: „Wir wollten den Lebensabschnitt finden, der den Kern dessen beschreibt, worum es ihr ging. Für Lee sind es die zehn Jahre, die sie von den sonnigen Vorkriegstagen in Südfrankreich, wo sie Zeit mit ihren Künstlerfreunden verbrachte, bis ins Herz der Dunkelheit von Dachau führen.“
Die Herausforderung bestand darin, einen Weg zu finden, wie man zwischen all diesen verschiedenen Momenten ihres Lebens hin- und herwechseln könnte, so dass das Publikum mit Lees innerer emotionaler Reise als Frau in einer Männerwelt verbunden bleibt, während sie die Schrecken des Krieges vor ihren Augen erlebt. Durch einen jungen Mann, gespielt von Josh O‘Connor, der eine viel ältere Lee Miller (ebenfalls gespielt von Kate Winslet) über ihr jüngeres Leben interviewt, konnte das Team die Erzählung im Drehbuch formen und sie an einem Ort der Reflexion und emotionalen Resonanz verankern. Penrose:
„Lee in den späteren Phasen ihres Lebens zu beobachten, wie sie zu den Fotos aus ihrer Vergangenheit befragt wird, lässt uns in ihre innere Gefühlswelt eintauchen und erlaubt uns, mit ihr mitzugehen, während der junge Journalist ihre Vergangenheit entdeckt. Auf diese Weise konnten wir uns sehr genau von einem Ereignis in ihrem Leben zum nächsten bewegen.“ Winslet stimmt zu: „Mit diesem Element fühlte es sich an, als hätten wir eine funktionierende Struktur für einen wahrheitsgetreuen Film gefunden.“
Kate Winslet war es sehr wichtig, dass ein Film über eine außergewöhnliche Frau auch aus einer weiblichen Sicht erzählt wird. Sie entschied sich daher ganz bewusst für eine Regisseurin. Kate Winslet und Ellen Kuras kennen sich seit ihrer gemeinsamen Arbeit für den Film Vergiss Mein Nicht! im Jahr 2003. DIE FOTOGRAFIN ist das Regiedebüt der Kamera-frau. Kuras war begeistert: „Alles, was Lee Miller tat, tat sie mit Leidenschaft. Als sie Fotografin wurde, stürzte sie sich in die Arbeit. Und als Frau mittleren Alters zog sie in den Krieg und tat dies mit Herz, Kopf und Seele.“
Zu erkennen, was Lee Miller antrieb, macht deutlich, was für eine unaufhaltsame Frau sie war und wie relevant ihre Geschichte heute ist: „Sie war eine Lebenskraft, mit der man rechnen musste, so viel mehr als nur das Objekt der Aufmerksamkeit berühmter Männer, mit denen sie verbunden war. Diese Frau war Fotografin, Schriftstellerin und Reporterin. Sie tat alles mit Liebe, Lust und Mut. Sie ist eine Inspiration dafür, was man erreichen kann, was man ertragen kann und was man tun kann, wenn man sich traut, das Leben fest in die Hand zu nehmen und es mit Vollgas zu leben.“
Fotos: © Sky UK Ltd