Die Berufsfotografie steht auch im Jahr 2024 vor zahlreichen Herausforderungen und Veränderungen. Die diesjährige Umfrage von berufsfotografen.com beleuchtet die aktuellen Trends, wirtschaftlichen Bedingungen und die Einstellung professioneller Fotografen zu ihrem Beruf.
ProfiFoto fasst die wichtigsten Ergebnisse der Umfrage von berufsfotografen.com zusammen, analysiert die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und gibt einen Ausblick auf die zukünftigen Entwicklungen in der Branche.
Wirtschaftliche Lage
Die wirtschaftliche Lage der Berufsfotografen hat sich im Vergleich zum Vorjahr verschlechtert. Nur noch 21% der Fotografen berichten von einer sehr guten Auftragslage, verglichen mit 29% im Vorjahr.
Der Anteil derjenigen, die ihre Lage als existenzbedrohend einschätzen, ist von 4% auf 7% gestiegen. Die allgemeine Stimmung hat sich außerdem durch die gestiegenen Kosten und die zurückhaltende Vergabe von Aufträgen verschlechtert. Nur noch 48% der Fotografen blicken optimistisch in das laufende Jahr 2024, während dieser Wert im Vorjahr noch bei 58% lag.
Insbesondere die gestiegenen Energiepreise und die sonstige Inflation haben die Fotografen dazu gezwungen, ihre Preise zu erhöhen, was jedoch nicht in allen Bereichen durchsetzbar war. Dies führte zu einer nur geringfügigen Erhöhung der Tagessätze, die nicht ausreichte, um die gestiegenen Kosten vollständig zu kompensieren. Im Schnitt liegt der Tagessatz in der Werbung aktuell bei ungefähr 1400 Euro und bei Privatkunden bei 1000 Euro.
Wie ein Auftrag letztlich kalkuliert wird, variiert je nach Arbeitsbereich. „Für den Auftraggeber ist es stets einfacher, wenn er einen Pauschalpreis inklusive der Nutzungsrechte erhält und sich keine Gedanken darüber machen muss, wie und wie lange ein Bild verwendet werden darf“, so Stephan Gast von berufsfotografen.com. 40% der Befragten gaben an, fast immer auf diese Weise zu kalkulieren.
Nur 32% der Fotografen ziehen die mfm-Tabelle zu Rate, wenn es um die Berechnung von Lizenzgebühren geht. Die Hälfte kümmert sich nicht darum, wenn ihre eigenen Bilder unerlaubt oder ohne Namensnennung verwendet werden. Von denjenigen, die Verstöße verfolgen, berechnet die mit 59% größte Gruppe einen Aufschlag von 100% bei einer unterlassenen Namensnennung. „Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass Fotografinnen und Fotografen Urheberrechtsverletzungen in der Regel alleine verfolgen, und dass deutlich weniger Fotografinnen als ihre männlichen Kollegen die Forderung an einen Anwalt weitergeben“, so Gast.
Trotz der wirtschaftlichen Herausforderungen identifizieren sich die meisten Fotografen stark mit ihrem Beruf. Für 68% der Befragten ist die Fotografie mehr als nur ein Beruf, nämlich vielmehr eine Leidenschaft und eine Lebensweise. Die kreative Freiheit, die Selbstständigkeit und die Möglichkeit, die eigene Zeit frei einteilen zu können, sind wichtige Faktoren, die die Berufszufriedenheit erhöhen.
Kundenaquise
Die Akquise neuer Kunden bleibt für viele Fotografen die größte Herausforderung. Mehr als die Hälfte der Befragten berichtet, dass es in den letzten Jahren schwieriger geworden ist, neue Kunden zu gewinnen. Der zunehmende Wettbewerb durch die steigende Anzahl von Quereinsteigern erfordert eine verstärkte Investition von Zeit und Ressourcen, um sich abzuheben.
Obwohl der Wettbewerbsdruck hoch ist, gibt es Fotografen, die sich erfolgreich positionieren konnten. 20% der männlichen und 16% der weiblichen Fotografen spüren keine zunehmende Konkurrenz. Stephan Gast: „Dies zeigt, dass Qualität, Kreativität und gezielte Marketingstrategien entscheidend sind, um sich auf dem Markt zu behaupten.“
Dabei ist 67% der weiblichen Fotografen Feedback zu ihren Fotos besonders wichtig, während dieser Wert bei den männlichen Fotografen mit 48% deutlich niedriger liegt. Stephan Gast: „Dieser Unterschied könnte darauf zurückzuführen sein, dass Fotografinnen häufiger in Bereichen arbeiten, die intensiven Kontakt mit Menschen erfordern, und daher öfter im direkten Austausch mit ihren Kunden stehen.“
Technologische Entwicklungen
Die Umfrage zeigt jedoch vor allem, dass die technologischen Entwicklungen, insbesondere im Bereich der künstlichen Intelligenz (KI) mit ihren neuen Möglichkeiten, professionelle Bilder zu erstellen und Arbeitsabläufe zu optimieren, die Berufsfotografie nachhaltig verändern werden.
„Angesichts des rasanten Tempos, mit dem sich KI-Technologie derzeit entwickelt, ist es kaum überraschend, dass sich fast die Hälfte der Fotografen Sorgen macht“, so Gast. Lediglich ein knappes Viertel sieht in der KI eine Chance oder zumindest keine Bedrohung für den Beruf. Mit 40% ist der größte Teil der Fotografen unsicher, ob sich KI positiv auf den Beruf auswirken wird. 9% der Fotografen sehen deutliche Vorteile, 7% empfinden die Entwicklung als nachteilig.
Dabei setzen sich derzeit nur 26% der Befragten aktiv mit dem Erstellen von Bildern oder Bildteilen mit KI auseinander, nur 20% nutzen ihr Wissen und die Möglichkeiten beruflich. Gut ein Viertel beschäftigt sich noch gar nicht mit KI. „Dieses unterschiedliche Interesse liegt daran, dass es derzeit keine zwingende Notwendigkeit gibt, sich mit KI-Anwendungen in der Fotografie zu beschäftigen“, so Gast. „Es gibt Fotografen, die nach Wegen suchen, einen Vorteil aus KI zu ziehen. Der andere Teil der Fotografen wartet eher ab, bis Kunden danach fragen oder die Möglichkeiten offensichtlich sind. Aber auch, wenn sich die meisten Fotografen noch nicht intensiv mit KI-Anwendungen beschäftigt haben, sind doch über 70% der Meinung, dass sich der Beruf verändern wird. Lediglich 16% denken, dass KI generierte Bilder keinen Einfluss auf den Beruf haben werden.“
Die drei am häufigsten genannten KI-Bildgeneratoren waren übrigens Adobe Firefly, Midjourney und Dall-E. Fast die Hälfte der Fotografinnen kannte weder Midjourney noch Adobe Firefly.
Laut der Umfrage nutzen jedoch bereits 35% der Fotografen regelmäßig KI-Tools für ihre Bildbearbeitung und Retusche. Zu den gängigsten KI-Anwendungen gehören außerdem die automatische Kategorisierung und das Tagging von Bildern sowie das Editing. Stephan Gast: „KI kann viele zeitaufwändige Aufgaben automatisieren, sodass Fotografen mehr Zeit für kreative Arbeiten haben. Dies kann zu einer höheren Produktivität und zu einer Verbesserung der Qualität der Endprodukte führen. 42% der befragten Fotografen geben an, dass sie dank KI-Tools ihre Arbeitsabläufe effizienter gestalten konnten. Durch KI eröffnen sich außerdem neue Geschäftsmodelle und Einnahmequellen. Gleichzeitig erhöht die Verfügbarkeit von KI-Tools den Wettbewerb, da mit ihnen auch Amateurfotografen professionelle Ergebnisse erzielen können. 58% der Fotografen sehen in der Verbreitung von KI eine Bedrohung für ihre traditionelle Arbeitsweise.“
Rund 65% der Befragten betonen die Notwendigkeit klarer ethischer Richtlinien beim Einsatz von KI. Eine signifikante Anzahl von Fotografen und Fotografinnen befürwortet die Kennzeichnung von Bildern, die mithilfe von KI erstellt wurden.
Stephan Gast: „Fotografen müssen sich der Verantwortung bewusst sein, die mit der Nutzung dieser Technologie einhergeht, und klare Grenzen setzen, um das Vertrauen ihrer Kunden zu bewahren. Die Zukunft der Fotografie wird maßgeblich davon geprägt sein, wie gut es der Branche gelingt, die Möglichkeiten der KI zu nutzen, ohne die künstlerische Integrität zu verlieren.“
Fazit
Die Jahresumfrage 2024 von berufsfotografen.com zeigt, dass die Berufsfotografie vor bedeutenden Herausforderungen steht. Stephan Gast: „Die Fotografie bleibt ein Beruf aus Leidenschaft, der oft mit geringen Umsätzen und unsicheren Zukunftsaussichten einhergeht. Obwohl über die Hälfte der Fotografen ihren Beruf nicht an ihre eigenen Kinder weiterempfehlen würde, planen dennoch mehr als 70%, ihn bis zur Rente auszuüben. Das verdeutlicht, dass für viele Fotografen nicht primär finanzielle Stabilität im Vordergrund steht, sondern vielmehr die Freiheit und Kreativität, die der Beruf bietet.“