Der C/O Berlin Talent Award 2024 in der Kategorie Artist geht an die Künstlerin Silvia Rosi (1992, IT), die Kategorie Theorist entschied die Kuratorin und Autorin Katrin Bauer (*1992, DE) für sich.
Seit 2018 steht der C/O Berlin Talent Award unter dem Leitthema New Documentary Strategies. Ziel ist es, eine kritische Betrachtung traditioneller dokumentarischer Narrative zu fördern und in Form von Ausstellung und Publikation sichtbar zu machen. Als einzige Institution in Europa richtet sich das Förderprogramm von C/O Berlin zugleich an den künstlerischen und wissenschaftlichen Nachwuchs.
Katrin Bauer wird den ersten kunsttheoretischen Essay über das Gewinnerinnen-Projekt verfassen. Der Essay wird zusammen mit einem Interview mit Silvia Rosi in einer monografischen Publikation bei Spector Books erscheinen, die C/O Berlin anlässlich der Einzelausstellung der Künstlerin herausgibt.
Die ausgezeichnete Arbeit Protektorat wird in einer Einzelausstellung vom 1. Feb – 16. Mai 2025 bei C/O Berlin im Amerika Haus in der Hardenbergstraße 22–24, 10623 Berlin präsentiert.
In Protektorat setzt sich die italienische Künstlerin Silvia Rosi mit ihren togolesischen Wurzeln auseinander und beleuchtet Kommunikations- und Zeichensysteme in kolonialen und hegemonialen Machtstrukturen. Ausgehend von Archivmaterial des Nationalarchivs von Togo macht sie auf die flächendeckende Verbreitung westlicher Systeme während der kolonialen Besetzung Togos seitens des Deutschen Reiches sowie britischen und französischen Streitkräften aufmerksam. Der Akt des Erzählens findet in Protektorat über multiple Bildformen und Sinnesebenen statt: In Stand- und Bewegtbildern mit Ton können wir sehen und hören, wie lokale Sprache, Traditionen und Bildkultur während der Kolonialherrschaft überschrieben oder unterdrückt wurden. Protagonistin der Arbeiten ist immer Rosi selbst, womit sie wirkungsvoll ihre persönliche Erfahrung in der kollektiven Erzählung einbettet. Silvia Rosi überzeugte die gesamte Jury mit dem komplexen Ansatz ihres Projektes, der ‚das Dokumentarische‘ von Fotografie im postkolonialen Diskurs über unterschiedliche und innovative Zugänge zur Diskussion stellt.
Katrin Bauers Forschungspraxis zeichnet sich durch eine fundierte Auseinandersetzung mit postkolonialen Themen aus. Einen Schwerpunkt bilden die kolonialen Machtstrukturen in der Fotografie, weshalb sie die diesjährige Artist-Position hervorragend komplementiert. Zudem zeigt sie ein breites Verständnis für verschiedene mediale Praktiken und Bildformen des Fotografischen. Bauer überzeugte durch ihre Fähigkeit, künstlerische Arbeiten in ihren komplexen gesellschaftlichen, politischen und ästhetischen Zusammenhängen zu verorten und anschaulich zu vermitteln.
Der C/O Berlin Talent Award wird einmal jährlich in den Kategorien Artist und Theorist an ein Tandem unter 35 Jahre vergeben. Er ist mit einem Preisgeld, einer Einzelausstellung und einer individuell gestalteten Publikation verbunden. Ein gemeinsamer Artist Talk der Gewinner rundet die Zusammenarbeit von Theorie und Praxis ab. Mehr als 70 aufstrebende Künstler:innen, die im Vorfeld nominiert wurden, haben ihre Arbeiten eingereicht.