Dr. Andreas Kaufmann hat vor 20 Jahren die damals schwer angeschlagene Leica Camera AG übernommen und das Unternehmen wieder in die Gewinnzone geführt. Mit ProfiFoto sprach er über die Zukunft des Unternehmens.
ProfiFoto: Dr. Kaufmann, Sie sind im letzten Jahr 70 geworden. Wie sind Ihre Pläne für sich persönlich und Leica Camera ?
Dr. Kaufmann: Als wir vor 20 Jahren bei der Leica Camera AG einstiegen – Hauptaktionär war damals Hermès und Leica war börsennotiert – war unser Ziel, das Unternehmen in Zusammenarbeit mit den engagierten Mitarbeitern wieder auf Kurs zu bringen und langfristigen Erfolg zu sichern. Ich werde weiterhin zur Verfügung stehen, aber die nächste Generation steht auch schon bereit und arbeitet auf verschiedenen Ebenen mit. Für die Leica Camera AG haben wir eine klare Strategie für kontinuierliches Wachstum und Innovation, um unsere Position als führender Anbieter von hochwertigen Optikprodukten zu stärken. Und ganz wichtig für uns: die Förderung der Kultur der Fotografie als Herzensangelegenheit und wichtiger Teil der Marke Leica!
ProfiFoto: Im Oktober 2011 erwarb die US-amerikanische Investmentgesellschaft Blackstone einen Anteil von 44 % an der Leica Camera AG von ACM. Normalerweise halten Investmentgesellschaften wie Blackstone nicht über zehn Jahre an Beteiligungen fest, sondern verkaufen diese weiter. Wie ist hier die Perspektive?
Dr. Kaufmann: Diese Frage müssen Sie Blackstone stellen. Unsere Zusammenarbeit war bisher äußerst erfolgreich, und wir sind zuversichtlich, dass wir gemeinsam weiterhin erfolgreich sein können. In Bezug auf die Zukunft werden wir die bestmögliche Entscheidung im Interesse des Unternehmens und aller Beteiligten treffen.
ProfiFoto: Wie stehen Sie zu der Option, die Leica Camera AG wieder an die Börse zu bringen? Ist der Ausbau des Marken Line Ups eine Vorbereitung zu diesem Schritt?
Dr. Kaufmann: Der Ausbau unseres Marken-Line-Ups um Produkte wie Uhren, Brillengläser, einen Cinema TV und die Kooperationen mit Unternehmen wie Xiaomi und Sharp im Smartphone-Bereich sind Teil unserer Strategie, unser Produktangebot um Kernkompetenzen des Unternehmens herum wie Optik, Mechanik, Design, Software und Elektronik zu erweitern. Diese Schritte sind darauf ausgerichtet, Leica zukunftssicher und vielseitiger aufzustellen und uns gleichzeitig neue Marktchancen zu erschließen.
ProfiFoto: Im kommenden Jahr feiert die Leica Camera AG 100 Jahre als Kameraanbieter und hat eine Agentur beauftragt, die Marken-Positionierung zu evaluieren. Warum ist das notwendig?
Dr. Kaufmann: Wir wissen intern sehr gut über unsere Marke Bescheid – aber es ist immer wieder notwendig, das mit Hilfe von außen zu überprüfen und zu fokussieren. Die Evaluierung unserer Markenpositionierung anlässlich des 100-jährigen Jubiläums der Leica Kamera ist eine Gelegenheit, unsere Stärken und Chancen zu reflektieren.
ProfiFoto: Bei Fotokameras setzt die Leica Camera AG aktuell auf die drei Vollformat-Linien M, Q und SL, nachdem APS-C und Mittelformatmodelle eingestellt wurden. Wäre es nicht sinnvoller, sich hier breiter aufzustellen?
Dr. Kaufmann: Wir bieten auch eine hybride Sofortbildkamera SOFORT 2 sowie mit der D-Lux eine leistungsstarke und vielseitige Kompaktkamera, die Einsteigern den perfekten Start in die Welt der Fotografie ermöglicht. Wir sind stets bestrebt, unser Produktportfolio zu optimieren und auf die Bedürfnisse unserer Kunden einzugehen. Gehen Sie übrigens davon aus, in Zukunft im Überformat – Sie nennen es Mittelformat, ich halte das für einen veralteten Begriff inzwischen – weitere Produkte zu sehen!
ProfiFoto: In Japan gibt es schon geraume Zeit mit dem Leitz Phone 1 ein Leica Smartphone. Wie sind die Erfahrungen damit und wann wird es ein Leitz Phone auch außerhalb Japans geben?
Dr. Kaufmann: Das Smartphone ist ja die Kamera, die alle benutzen, insofern ist Fotografie mit dem Smartphone ein wichtiger Teil unserer Strategie und unserer Vision, eine optimale Bildqualität und das bestmögliche Benutzererlebnis zu bieten. So wie es früher beispielsweise eine Leica Minilux als Einsteigermodell gab, können Sie entsprechend ein Smartphone als Einsteigerkamera sehen.
Das im April vorgestellte Leitz Phone ist schon die dritte Generation – basierend auf einer Kooperation mit Sharp – und hat in Japan eine positive Resonanz erfahren, was uns sehr freut. Gehen Sie davon aus, dass wir weiter in Angebote für Smartphone Nutzer investieren. So stellt die neue Leica LUX Foto-App die dritte Säule im Bereich Mobile dar und unterstreicht die strategische Bedeutung der Sparte für die erfolgreiche Weiterentwicklung des Unternehmens.
ProfiFoto: Welche Rolle spielt dabei die Kooperation mit Xiaomi? Und warum verwendet Leica den Markennamen Leitz für sein Smartphone?
Dr. Kaufmann: Die Kooperation mit Xiaomi ist Teil unserer Strategie des licensed engineerings, wie wir es nennen. In dieser Partnerschaft sehen wir eine vielversprechende Zukunft für beide Unternehmen.
Der Einsatz des Markennamens Leitz ist eine Hommage an unsere lange Geschichte und unser Erbe – immerhin stehen wir sozusagen auf den Schultern von über 150 Jahren Geschichte der Leitz-Familie!
ProfiFoto: Die Leica Camera AG steht wie keine andere Marke auch für Fotokultur. Welchen Mehrwert bringt das Engagement für das Unternehmen?
Dr. Kaufmann: Vielen Dank für diese Frage. Unser Engagement für die Kultur der Fotografie ist ein integraler Bestandteil unserer Unternehmensidentität – beispielsweise haben wir 29 Leica Galerien weltweit, sozusagen ein Weltrekord! Der Mehrwert im Sinne eines ROI ist die Bedeutung der Fotografie, der Liebe zur Kunst der Fotografie als Kern unserer Marke! Es stärkt nicht nur unsere Marke und Kundenbindung, sondern trägt auch dazu bei, das Bewusstsein für die Bedeutung der Fotografie zu fördern und unsere Position als führender Anbieter von Fotoprodukten international zu festigen.