Der klassische Buchhandel bietet fast gar keine Fotobücher an, auf Messen und Festivals ist das Angebot hingegen überwältigend. Doch der Schein trügt: Die Auflagen sind oft verschwindend gering und die Fotografen tragen einen Großteil der Kosten selbst. Brauchen wir überhaupt so viele Fotobücher?
1. Wieviele Fotobücher kaufen Sie im Jahr und wieviel Geld geben Sie dafür aus?
2. Wo und wie kaufen Sie Fotobücher?
3. Wie sind Ihre Erfahrungen mit der Veröffentlichung von Fotobüchern?
4. Wenn jemand ein Fotobuch machen möchte – was würden Sie ihm raten?
Rüdiger Glatz, Fotograf, ruedigerglatz.com
1.
Ich denke ich kaufe ca. 20-40 Buecher und gebe dafür ca. 800-1600 EURO aus.
2.
In der Regel erweitere ich meine Büchersammlung während meiner Reisen, indem ich in verschiedenen Museumsshops oder Buchhandlungen, besonders in Städten wie Berlin oder Paris, einkaufe. Dies führt wiederum oft dazu, dass mein Reisegepäck erheblich schwerer wird. Um dies in Zukunft zu vermeiden und meine Sammlung weiterhin zu erweitern, plane ich, regelmäßiger auch online ein-zukaufen und die Dienste von Anbieter wie zum Beispiel Richard Sportleder von Cafe Lehmitz Photobooks zu berücksichtigen.
3.
Das Veröffentlichen von Fotobüchern stellt eine anspruchsvolle Herausforderung dar. Seit meiner ersten Veröffentlichung im Jahr 2006 habe ich insgesamt 11 Bücher, wobei nicht alles klassische Fotobücher waren, herausgebracht, die überwiegend oder ausschließlich meine Fotografien zeigen. Rückblickend empfinde ich bei lediglich zwei dieser Bücher, dass sie nicht von erheblichen Kompromissen geprägt waren – meist bedingt durch meinen eigenen Fehlentscheidungen oder den Rahmen des Projekts. Derzeit sind etwa 20 neue Fotobücher in Planung, deren Inhalte größtenteils feststehen und ich arbeite schon konkret an einem Buch über Chemnitz, das ein Portrait der Stadt beinhaltet und beim Kehrer Verlag erscheinen wird. Mein Ziel ist es, Kompromisse in meiner zukünftigen Arbeit so weit wie möglich zu reduzieren oder ganz zu vermeiden. Ein aktuelles Problem in der Branche sehe ich in der Notwendigkeit, dass Künstler oft einen Großteil der Produktionskosten selbst tragen müssen. Dies beschränkt die Möglichkeit, mit Verlagen zusammenzuarbeiten, auf eine kleine Gruppe. Andererseits gibt es kommerzielle Projekte, bei denen Verlage die Finanzierung übernehmen, aber dann tendenziell einen zu starken Einfluss auf die Gestaltung nehmen.
Um eine Lösung für diese Herausforderungen zu bieten, entwickle ich mit Partnern ein Verlagskonzept, das einen innovativen Ansatz zur Finanzierung verfolgt. Ziel ist es auch, Bücher nur in einer notwendigen Anzahl physisch zu produzieren und nachhaltig digital für Interessierte kostenfrei bereitzustellen, um so die Zugänglichkeit und Verbreitung von künstlerischen Werken zu fördern und vor allem zu erhalten.
4.
Mit guten Buchgestalter:innen zusammen zu arbeiten und möglichst wenig Kompromisse eingehen.
Mit Büchern verdienen nur die wenigsten Künstler:innen Geld, daher sollte zumindest das Buch die Idee der Serie/Projekt maximal unterstützen.
Regina Maria Anzenberger , Künstlerin und Fotobuch-Expertin, anzenbergergallery.com
1.
Ich habe bereits eine sehr große Sammlung. Und bei mir gilt, wenn was rein will, dann muss was raus. Trotzdem kaufe ich nach wie vor interessante Fotobücher. Vor allem wenn das Design mit der Fotografie besonders harmoniert. In Zahlen würde ich daher sagen mindestens 20 Bücher pro Jahr und ich gebe 2000-3000 Euro aus, je nachdem ob antiquarische auch dabei sind.
2.
Bei Buchmärkten von Festivals oder Messen (Arles, Paris Photo, Foto Wien Book Days, Mia Photo Fair, demnächst beim Reggio Emilia Bookmarket und beim Photobook Weekend in Melbourne, .. ) oder im Internet, direkt über die Verlage (da bin ich privilegiert als Buchhändlerin).
3.
Sehr gut. Meine Bücher rechnen sich ab einem gewissen Zeitpunkt immer. Ich habe mir vor vielen Jahren überlegt, wie viele Exemplare ich selbst gut verkaufen kann. Das muss nicht von heute auf morgen sein, aber innerhalb von ein paar Jahren. Da bin ich für mich auf 350 Exemplare gekommen. Der Verkauf ist natürlich Arbeit. Aber erstens mache ich diese Arbeit gerne und zweitens publiziere ich lieber selbst, als dass ich an einen Verlag eine große Summe zahle und mich schließlich trotzdem um den Verkauf kümmern muss. Es kostet mich außerdem viel weniger, wenn ich das Buch selber produziere. Dazu muss ich erwähnen, dass ich das Layout immer selbst mache. Das und auch die Suche nach Materialien wie Papier, Fäden, Spiralen, Textilien für den Titel etc. macht mir großen Spaß.
4.
Ich gebe viele Workshops zum Thema „Photobook Making“. Ich zeige Fotograf_innen immer alle Möglichkeiten auf. Wenn jemand schon bekannt ist und eigentlich nur eine Art Katalog seiner Bilder möglichst schön als Buch möchte, dann ist es auch besser, wenn man es mit einem Verlag macht. Aber wenn jemand schon eine gute Idee hat, wie das Buch aussehen soll, und auch schon Ausstellungen zu dem Thema plant, wo es verkauft werden kann, eine gute Internet- und Social-Media-Präsenz hat, dann ist es einfach, es auch selbst zu machen. Man muss die Grafik nicht selbst machen wie ich. Die meisten Fotograf_innen suchen sich einen Grafiker oder eine Grafikerin ihres Vertrauens. Da wird dann auch meist bei der Sequenzierung gut geholfen. Ich würde auch immer dazu raten, mit Kolleg_innen die Dummies kurz zu besprechen. Das mache ich bei jedem meiner Bücher. Man kann dann entweder selbst bei Buchmärkten Stände machen oder sich mit anderen Fotograf_innen zusammentun oder eben dort den verschiedenen Buchhändlern das Buch anbieten.
Ich stelle auch fest, dass es immer mehr Fotobuchhandlungen gibt. Allein während der Paris Photo im November letzten Jahres habe ich vier neue in Paris und aus Italien entdeckt. Ich denke, dass die Branche wächst. Auch wenn man die Fotobücher nicht in den Literaturbuchhandlungen findet. Mit dem Fotobuch als Kunstobjekt hat sich eine Parallelwelt zur Literatur entwickelt.
Rolf Sachsse, Autor, Kurator, Berater, rolfsachsse.de
1.
Fotografisch illustrierte Bücher und Ausstellungskataloge kaufe ich sowohl für meine wissenschaftliche Arbeit als auch zum Vergnügen in größerer Zahl, ca. 60 pro Jahr, das ergibt einen ordentlich vierstelligen Betrag. Fotobücher im strengeren Sinn als durchkomponierte Kunstwerke sind dagegen rar, vielleicht fünf pro Jahr – die dürfen dann auch etwas teurer sein, wenn sie mich überzeugen. Hinzu kommen von beiden Formen zwischen zehn und zwanzig Bücher, die ich zugeschickt bekomme und ausgiebig rezensiere, was mich unterm Strich mehr kostet, als wenn ich sie kaufen würde.
2.
Ich probiere es immer wieder einmal bei örtlichen Buchhändlern, doch mit sehr wechselndem Erfolg, weil die wenigsten Werke, die ich suche, über die monopolisierenden Großhändler vertrieben werden. Ausstellungskataloge werden zumeist vor Ort gekauft, die echten Fotobücher zumeist bei den Künstler*innen und/oder Autor*innen selbst. Manchmal wird auch getauscht.
3.
An Ausstellungskatalogen arbeite ich seit 1975 mit, an Foto-Zeitschriften seit 1977, an Büchern mit und über Fotografie seit 1979; von 1980 bis 1986 war ich zeitweise freiberuflicher Lektor zweier Fotobuch-Verlage (Mahnert-Lueg, Dirk Nishen). In diesen knapp 50 Jahren bis heute dürften rund 400 fotografisch illustrierter Bücher zusammengekommen sein, an denen ich irgendwie beteiligt war – ich hab’s nie gezählt. Das wissenschaftliche Verlagswesen ist noch einmal etwas ganz Anderes, da entstehen keine Fotobücher und die fotografische Illustration ist dort leider eine quantité negliable mit raren Ausnahmen. Meine Erfahrungen insgesamt: 1. habe ich niemals von dieser Arbeit leben können, sondern musste froh sein, wenn am Ende des Jahres eine schwarze Null herauskam. 2. habe ich durch diese Arbeit die gesamte Bandbreite von Stakeholdern dieser Branche kennengelernt, von totalen A…löchern bis zu guten Freunden. 3. habe ich mir bis heute die Lust auf neue Projekte erhalten können – das wichtigste Buch für mich ist immer das nächste.
4.
Zunächst einmal schauen, ob das eigene Thema in die Zeit passt und gegen eine mögliche Konkurrenz bestehen kann – das geht am besten über einen Freundeskreis, der sich kennt und auskennt; gut ist auch das Austesten der eigenen Arbeit durch Ausstellungen und Zeitschriftenpublikationen. Dann selbstredend über die Finanzierung nachdenken – dabei ist der Buchhandel komplett ausgeschlossen, da läuft rein gar nichts: Selbst Spezialbuchhandlungen nehmen nur fünf Exemplare in Kommission, drei davon kommen völlig zerfleddert und als für den Verkauf unbrauchbar zurück. Etwas Anderes kann bei Ausstellungen passieren, da ist die Begleitung durch ein Buch (nicht unbedingt ein Katalog der Ausstellung) schon etwas interessanter. Crowd funding ist vollständig vom Thema abhängig und bedarf eines guten Verteilers, also eines weiteren Freundeskreises. Immer sollte man sich vor Augen führen, dass der Fotobuch-Markt seit zwei Jahrzehnten nahezu vollständig ein Markt von Event-Verkäufen ist, wozu neben Ausstellungen auch Messen, (Straßen-)Feste und alle möglichen andere Formen zählen. Wer das Fotobuch als Kunst begreift, sollte sich an den Spruch des Kunsthistorikers Hans Belting halten, wonach Kunst nur in körperlicher Anwesenheit möglich ist. Das schließt Massenproduktion genauso aus wie Massenkommunikation – und auch den Massenverkauf.
Adrian Rohnfelder, Fotograf, rohnfelder.de
1.
Ich muss gestehen, dass ich mir die meisten Fotobücher gar nicht kaufe, sondern gegen meine eigenen Bücher mit den jeweiligen Autoren tausche. Insgesamt vergrößert sich mein Bücherregal jedes Jahr so um die drei bis fünf Fotobücher mit einem Gesamtwert von ca. 200 Euro.
2.
Wie bereits erwähnt tausche ich die meisten meiner Bücher mit den Autoren. Die Bildbände, welche ich mir kaufe, besorge ich mir in der Regel aus dem Internet, auch da, wenn möglich bei den Autoren selbst. Über Amazon habe ich tatsächlich noch nie ein Fotobuch gekauft 🙂
3.
Ich habe bisher nur gute Erfahrungen gemacht. Einen Bildband habe ich dabei im teNeues Verlag und einen weiteren im Knesebeck Verlag veröffentlicht. Der zeitliche Aufwand ist natürlich enorm. Es beginnt bei der Auswahl der Bilder, der Abstimmung des Layouts bis hin zum Millimeter genauen Positionieren der teilweise zu beschneidenden Bilder. Dazu kommt das Schreiben der Texte und Bildzeilen in einem Ping-Pong Spiel mit der Redaktion. Zwei bis drei Monate können da schon einmal locker vergehen.
Nach der Veröffentlichung folgt dann noch ein kleiner Werbemarathon. Interviews, Podcasts, Artikel, Radio- und TV-Auftritte, welche sich jedoch häufig direkt in Verkaufszahlen niederschlagen. Für mich sind gerade diese Werbemaßnahmen ein großer Vorteil in der Zusammenarbeit mit einem renommierten Verlag. Ich selbst hätte gar nicht die Möglichkeit, all diese Kontakte aus der gesamten Medienwelt anzusprechen.
Dafür ist dann aber auch meine eigene Marge deutlich niedriger, als wenn ich ein Buch direkt vertreiben würde. Auf der anderen Seite habe ich aber kein Risiko, auf irgendwelchen Kosten sitzenzubleiben, sollte sich das Buch nicht gut verkaufen lassen. Sollte ich einen weiteren Bildband veröffentlichen, würde ich das daher wieder in Zusammenarbeit mit einem Verlag machen.
4.
Für mich persönlich ist es zum einen immer ein großartiges Gefühl zum Abschluss eines Projekts einen gedruckten Bildband in den Händen zu halten. Es ist doch etwas völlig anderes, seine Fotos auf Papier zu sehen und anfassen zu können, als sie in Sekundenbruchteilen über Social Media Screens flutschen zu sehen. Bildbände haben da eine völlig andere Wertigkeit, und es vermittelt mir ein kleines Gefühl von Stolz zu wissen, mein Buch steht bei vielen Menschen im Bücherregal.
Genauso schaue ich mir die Fotos anderer Fotografen gerne bei einem Glas Rotwein an und lasse die Bilder in Ruhe auf mich wirken. Zudem sind Bücher ein gutes Renommee und haben mir schon manch verschlossene Tür geöffnet. Reich wird man in der Regel mit einem solchen Buch jedoch nicht. Daher würde ich jedem raten, es nur dann zu machen, wenn er selbst eine Leidenschaft für Bücher hat und sich daran freuen kann, sein eigenes gedrucktes Exemplar in den Händen zu halten. Völlig losgelöst davon, wie hoch die Auflage ist und wie viele Bücher am Ende verkauft werden.
Arne Wesenberg, Kommunikationsdesigner, arnewesenberg.com
1.
Vor vielen Jahren hatte mich die Fotobuch-Sammelwut gepackt und ich kaufte durchschnittlich ein bis zwei Fotobücher pro Monat. Da kamen schon einige hundert Euro im Jahr zusammen. Es waren vor allem Porträtbücher, denn dieser Bereich der Fotografie interessiert mich am meisten. Aber ich habe auch einige Klassiker, darunter signierte Bücher von Fotografen, die ich selbst porträtieren durfte. So habe ich signierte und gewidmete Bücher von Hilla Becher, Thomas Höpker, Volker Hinz, Jim Rakete, den Mahlers und anderen in meiner kleinen Sammlung.
Im Laufe der Jahre hat sich diese Sammelleidenschaft abgenutzt und ich kaufe heute relativ selten Fotobücher. Das Buch muss mich schon wirklich ansprechen, interessant und etwas Besonderes sein. Meine „Bibliothek“ habe ich nach dem Aschenputtel-Prinzip ausgedünnt: Die guten sind im Regal gelandet, die „schlechten“ habe ich mit ins Büro genommen und dort in einen Schrank gestellt. Ab und zu werfe ich einen Blick in die Bücher.
2.
Habe ich früher Fotobücher „analog“, d.h. im Buchhandel gekauft, so tue ich dies heute eher „digital“, d.h. im Online-Handel. Das liegt vor allem daran, dass man im klassischen Buchhandel kaum noch Fotobücher kaufen kann – außer in einigen wenigen gut sortierten Fachbuchhandlungen. Außerdem findet man die interessanteren Titel im Netz. Manchmal kaufe ich auch Fotobücher in Ausstellungen oder Museen. In der Regel sind es aber heute eher ausgewählte Titel.
3.
Ich habe vor knapp sieben Jahren ein Fotobuch in einem relativ renommierten Kunstbuchverlag veröffentlicht. Es war von Anfang an klar, dass das finanziell eher ein „Minusgeschäft“ werden würde und dass ich das nur für mich machen würde. Heutzutage muss man leider sehr viel Geld mitbringen und bekommt oft weniger als erhofft. Vor allem die Vermarktung und der Vertrieb des Buches waren enttäuschend. Das Buch ist schön geworden und auch der Druck ist hochwertig – aber rückblickend würde ich es im Eigenverlag herausbringen und selbst vertreiben. Die meisten meiner Bücher habe ich selbst verkauft – auf Ausstellungen, über meine Website und Instagram. Das nächste größere Projekt ist in Arbeit – dann möchte ich wieder ein Buch daraus machen. Wo und wie ich das mache, entscheide ich, wenn es soweit ist.
4.
Wenn das Herz für das Thema brennt – los! Aber: sich vorher informieren, befreundete Fotografen nach ihrer ehrlichen Meinung fragen und bei Verlagen „Klinken putzen“. Und vielleicht nicht gleich das erstbeste Angebot annehmen. Oft sind die Auflagen der Verlage sehr klein und die Stückpreise hoch. Wenn man dann als Fotograf noch keinen Namen hat, bekommt man oft teure und enttäuschende Angebote von Verlagen. Ich würde empfehlen, auch die großen Online-Druckereien/Vertriebe (wie z.B. Blurb) in Betracht zu ziehen. Dort wird „on demand“ gedruckt. Der Stückpreis ist oft hoch, aber das finanzielle Risiko ist überschaubar. Und das Wichtigste: Promotion. Alle Kanäle nutzen und dafür sorgen, dass das Buch unter die Leute kommt.
Thomas Duffé, Fotograf, thomas-duffe.de
1.
Unterschiedlich, etwa zwei bis sechs Bücher im Jahr und ich gebe dafür etwa 300 Euro aus.
2.
Vorzugsweise im Handel, gerade bei Fotobüchern macht die Haptik und das analoge Begreifen und Betrachten Sinn, denn dafür sind sie gemacht.
3.
Mittlerweile habe ich einige Fotobücher gemacht, mit unterschiedlichen Verlagen und auch im Eigenverlag. Dabei habe ich gelernt, das für den Erfolg des Buches ausschließlich das Engagement des Verlages bei Vertrieb, Werbung und Öffentlichkeitsarbeit entscheidend ist. Im Eigenverlag wird es ohne die Logistik eines Verlages sehr schwer. Wenn der Verlag nichts tut, passiert in der Regel auch wenig. Außerdem sollte man sich die Verlagsverträge sehr genau ansehen. Mir selbst wurden schon Verträge für Illustratoren oder Hörbuchautoren vorgelegt oder Verträge, in denen sich die Honorare aus den netto Verlagsabgabepreisen (Buchhandelspreis minus Mehrwertteuer minus 35 bis 40 Prozent) und nicht aus den Preisen im Buchhandel errechnen. Weder mir noch Fotografen, die ich kenne, ist es bisher gelungen, mit einem Fotobuch nennenswerte Erträge oder Honorare zu erwirtschaften. Finanziell lohnt sich die Produktion eines Fotobuches nach meinen Erfahrungen also nicht. Fotobücher zu machen ist ein bisschen wie Blut spenden: Es kostet Zeit, Eigeninitiative, tut immer ein bisschen weh und bringt finanziell nichts ein. Aber es ist für einen guten Zweck und jemand muss es ja machen.
4.
Wer ein Fotobuch macht, um Geld zu verdienen oder berühmt zu werden, der muss schon viel Glück haben. Wer ein Fotobuch aus idealistischen Gründen macht, bei denen es um Fotografie, Ästhetik, Papier, Druck und um Buchkunst geht, ohne Aufwand zu scheuen und ohne auf Ertrag und Aufmerksamkeit zu hoffen, der sollte es auf alle Fälle versuchen, denn ein eigenes Buch fühlt sich immer sehr gut an.
Kai Löffelbein, Dokumentarfotograf, kailoeffelbein.com
1.
Ich kaufe zwischen zehn und 15 Bücher jedes Jahr (ca. 500 Euro), manchmal auch mehr. Meistens sind es neue Bücher, es dürfen aber auch gebrauchte Bücher sein. Selten verkaufe ich welche davon, obwohl es auch ein paar darunter gibt, die ich nach Kauf selten wieder in die Hand genommen habe.
2.
Ich versuche die Bücher direkt beim Fotografen oder der Fotografin zu kaufen. Diese haben meistens ein eigenes Kontingent an Büchern, die sie verkaufen. Das ist viel persönlicher und hilft den Fotograf:innen ein wenig die Kosten zu decken. Prinzipiell kaufe ich die meisten Bücher aber bei Messen oder Festivals. Da geht es dann mit mir durch.
3.
Für mich bedeutet das Fotobuch absolute Autonomie als Fotograf und als Autor. Es gibt kaum eine bessere Möglichkeit sich visuell so vielschichtig und intensiv einem Thema, einer Idee zu nähern (und in direktem Kontakt mit dem „Leser“ zu treten). Ich kann gut verstehen, warum viele Fotograf:innen das Buch als ihr bevorzugtes Medium für ihre Bilder wählen. Ich selbst habe bisher zwei Fotobücher veröffentlicht: „Ctrl-X. a topography of e-waste“ ist 2018 bei Steidl erschienen und „Common Dreams“ kam 2023 im Kehrer Verlag heraus. Bei „Ctrl-X“ wurde ich vom Steidl Verlag, der auf die Serie aufmerksam geworden war, gefragt, ob wir ein Buch zusammen machen wollen. Für „Common Dreams“ habe ich selbst aktiv nach einem Verlag gesucht. Selfpublishing kam für das Projekt nicht in Frage, da ich weiß, wieviel Expertise, Reichweite und Arbeit der Verlag letztendlich mitbringt bzw. übernimmt.
Eine Veröffentlichung benötigt aber auch viel Zeit, Kraft und manchmal auch Nerven und am Ende natürlich Geld. Der Markt hat sich verändert: Es gibt sicherlich mehr Veröffentlichungen (bei fast gleichbleibender Käuferschaft), aber auch mehr Verlage im Gewässer. Ich nehme an, dass Verlage, die schon länger da sind, das auch monetär spüren. Das hat auch zur Folge, dass Verlage die Fotograf:innen das Risiko finanziell mittragen lassen. Finde ich das gut? Nein. Finde ich das nachvollziehbar? Ja.
4.
‚Früher‘ waren Fotobücher die Krönung einer langen fotografischen Kariere. Das hat sich definitiv verändert. Auch thematisch. Es gibt keine 200 Seiten „Irland im Herbst“ oder Schwarzweiß-Geschichten über die letzten Nomaden von irgendwo mehr. Alle Hochschulen (u.a.) halten in ihren Kursen die Studierenden an, ihre Bilder auch im Fotobuchformat zu denken. Das verändert den Umgang mit Bildern, das Erzählte, das Gezeigte wird vielschichtiger, komplexer. Die (Fotobuch-)Themen sind heute spezifischer, persönlicher. Das begrüße ich sehr, es macht es allerdings oft auch schwieriger genügend Abnehmer zu finden. Manchmal denke ich, Fotograf:innen wollen schnell sehr viel. Da will ich mich nicht ausschließen. Die Echtzeit von Social Media macht uns oft kirre und befeuert das Ganze. Die besten fotografischen Projekte entwickeln sich allerdings mit der Zeit, nicht in einem Semester, nicht in einem Jahr.
Natalya Reznik, Künstlerin, Fotografin, Schreiberin, natalyareznik.com
1.
Auf jeder Messe, die ich besuche, kaufe ich zwei bis drei Bücher für etwa 100 bis 120 Euro. WEnn ich Bücher im Internet anschaue, habe ich meist nicht so einen großen Drang ein Buch zu kaufen – aber wenn ich das Buch in die Hand nehme, anschaue, blättere, dann fällt es mir bei einigen Büchern sehr schwer, es NICHT haben zu wollen. Es ist wie ein kuscheliger Pullover in einem Laden, der immer so präsentiert wird, dass ihn jeder Kunde und jede Kundin anfassen möchte. Natürlich haben Fotobücher eine ganz andere Bedeutung, das ist klar, aber der Mechanismus hinter der Kaufentscheidung ist durchaus ähnlich. Und ein bisschen Fetischismus spielt hier auch eine Rolle.
2.
Die taktile Wahrnehmung ist wichtig. Auch die Auseinandersetzung mit den Bilder im Buch ist in der Realität anders, intimer als im Internet oder auf einer Ausstellung. Ich bin keine seriöse Sammlerin, ich kaufe eher etwas, das mich persönlich berührt oder was zu meinen eigenen Themen passt und was mich an der Fotografie allgemein interessiert: Alter, Familie, Trauma, konzeptionell-dokumentarische Projekte. Ich mag auch hand-made Künstlerbücher, aber die sind meistens leider sehr teuer und sind mehr für Sammler. Ich kaufe überall, wo ich hinfahre – auf der Polycopies während der Paris Photo, in Arles, auf dem ViennaPhotoBookFestival, beim Leipzig Fotobuch Festival und früher auch beim Kassel Photobookfestival.
3.
Ich habe bisher drei Fotobücher selbst veröffentlicht. Das erste Buch „Secrets“ hat eine Auflage von 50 Exemplaren, fast alle sind verkauft (dafür habe ich ein Stipendium gehabt, das teilweise die Kosten gedeckt hat). Das zweite Buch „Looking for my father“ hatte eine Auflage von 200, von der die Hälfte noch bei mir herum liegt (die Veröffentlichung wurde ebenfalls teilweise mit einem Stipendium finanziert). Beide Bücher entstanden in Kooperation mit Peperoni Books aus Berlin und Hannes Wanderer, sie wurden aber nicht vom Verlag finanziert. Das dritte Buch „Hope“ war handgemacht und hatte eine Auflage von 15 Exemplaren, es war also eine Sammler-Edition zu einem relativ hohen Preis, war aber innerhalb von 24 Stunden ausverkauft. Einige Sammlern kannte ich vorher, die haben meine Bücher bereits in ihrer Sammlung, so dass ich sie über das neue Buch informiert habe. Außerdem habe ich natürlich auch auf Social Media auf die Veröffentlichung hingewiesen. Ich habe auch Erfahrung gemacht meine Bücher selbst zu verkaufen – in Kassel, in Wien, in Arles, in Paris während Fotobuch-Festivals und auf Messen. Es ist ziemlich schwierig, muss ich sagen. Sammler haben immer nach der Auflage gefragt und ich glaube, dass mein zweites Buch so wenig verkauft wurde lag an der zu hohen Auflage von 200 Stück. Ich würde jedenfalls nur noch Collector’s Editions machen (weniger ist mehr), dafür gibt es Publikum und Nachfrage. Für alles anderes ist die Nachfrage nicht hoch genug.
4.
Ich habe persönlich mit Fotobüchern trotz aller Schwierigkeiten gute Erfahrungen gemacht – meine erste zwei Bücher haben an vielen Ausstellungen und Festivals teilgenommen und wurden auf der ganzen Welt gezeigt. Ich habe festgestellt, dass es einfacher ist, sich bei Open Calls mit einem Buch zu bewerben als nur mit dem Fotoprojekt selbst. In einem Buch sieht das Projekt vollständig aus und es gibt auch weniger Kosten für die Organisatoren (Prints, Rahmen etc) plus normalerweise kann man in einer Ausstellung mehrere Bücher präsentieren während der Platz an der Wand sehr begrenzt ist. Ja, das Fotobuch wird dich nicht reich machen und es ist oft fraglich genuzg, ob die Ausgaben überhaupt wieder herein kommen, Für mich haben sich meine drei Veröffentlichungen dennoch gelohnt. Ich kann aber dringend empfehlen, sich einen guten Designer zu suchen, der/die sich mit Fotobüchern gut auskennt. Frage erfahrene Kollegen nach Empfehlungen, schaue bei den Fotobüchern, die dich angesprochen haben, wer es designt hat. Eine gute Gestaltung kann deine Bilder noch ausdrucksstärker machen und ein schlechtes Design kann dein Projekt ruinieren. Es ist wie die Montage beim Film – Regisseur und Cutter müssen sich gut verstehen und im Einklang arbeiten. Das Buch als Objekt kommt einem Film am nächsten – es geht nicht um einzelne Aufnahmen, sondern um ein gesamtes Produkt – um eine Reihe von Aufnahmen, wodurch bei einer guten Montage und Sequenz eiune ganz neue Bedeutung entsteht.
Deanna Dikeman, Fotografin, deannadikeman.com
1.
Ich kaufe etwa fünf bis zehn Fotobücher pro Jahr. Sie sind nicht alle neu. Manchmal erfahre ich von einem älteren Buch, das ich übersehen habe, und muss mich auf die Suche nach einem gebrauchten Exemplar machen. Ich gebe ein paar hundert US-Dollar im Jahr dafür aus. Ich würde mehr kaufen, aber der Platz ist mir zu knapp.
2.
Normalerweise kaufe ich Fotobücher, indem ich sie online bestelle, aber in den letzten beiden Jahren konnte ich an der Paris Photo und Polycopies teilnehmen, wo ich stöbern und ein paar Bücher kaufen konnte, die ich im Koffer mit nach Hause nehmen konnte. In meinem Wohnort gibt es keine Buchhandlung, die eine große Auswahl an Fotobüchern führt, nur ein Kunstmuseum mit begrenzter Auswahl. Da ich nicht vor Ort stöbern kann, lese ich Rezensionen, um zu erfahren, was es Neues gibt.
3.
Ich habe zweimal eine aufschlussreiche Erfahrung mit einem etablierten Verlag gemacht. Mit einem guten Designer und Lektor können Fotografien Teil eines neuen Kunstobjekts, eines Fotobuchs, werden. Andernfalls ist es vielleicht nur ein Buch mit Fotos. Zu einem Fotobuch gehört so viel mehr als nur die Fotografie.
4.
Vergewissern Sie sich, dass Sie bereit für die Veröffentlichung sind. Ist Ihr Projekt so weit fertig, dass Sie es für alle Zeiten auf Tinte und Papier festhalten wollen? Seien Sie offen für eine Überarbeitung und bereit zur Zusammenarbeit.
Foto oben: Petra Gerwers