Die OM Digital Solutions Corporation stellt, zwei Jahre nach Einführung seines noch unter dem Markennamen Olympus vorgestellten Flaggschiffmodells OM-1, die überarbeitete Mark II Version unter dem Label OM SYSTEM vor.
Zur Erinnerung: Nach der Anfang 2021 vollzogenen Abspaltung des Fotobereichs der Olympus Corporation hatte das dafür neu gegründete Unternehmen OM Digital Solutions die von Olympus entwickelten Imaging-Technologien, -Produkte und -Dienstleistungen übernommen. Neu entwickelte Systemkameras, Objektive und kompakte Digitalkameras sollten seitdem eigentlich nicht mehr unter der Markenbezeichnung Olympus auf den Markt kommen. Eine Ausnahme machte OM SYSTEM allerdings bei der im Februar 2022 präsentierten OM-1, für die ein letztes Mal der Markenname Olympus in altbewährter Art und Weise auf dem Gehäuse prangte, als sei alles beim Alten geblieben. Der Grund: OM Digital Solutions wollte mit der Kamera an die 50 Jahre zuvor vom legendären Kamerakonstrukteur Yoshihisa Maitani entwickelte, klassische OM-1 anknüpfen, die zu ihrer Zeit die weltweit kleinste und leichteste 35-mm-SLR war.
Graduierte ND-Funktion
Jetzt markiert die OM-1 Mark II den endgültigen Abschied von Olympus als Fotomarke. Das neue Modell, das für rund 2.400 Euro in den Handel kommt, unterscheidet aber nicht nur der verwendete Markenname vom Vorgänger.
So verfügt die Micro-Four-Thirds-Kamera über eine Live GND (Graduierte ND)-Fotofunktion, die computergestützt die Wirkung eines Halb-Neutralfilters nachbildet, um helle wie dunkle Bereiche im Bild ausgleichen zu können. Ohne, dass physische Filter am Objektiv angebracht werden müssen, ermöglicht diese Funktion Fotografen die Nutzung von Halb-Neutralfilter-Effekten, selbst mit Objektiven ohne Filtergewinde, was vor allem für Landschaftsfotografen interessant ist.
Bei der Mark II wurde der Maximalwert auf ND128 angehoben. Alternativ können für Live- GND-Aufnahmen die Filterstufen GND2, GND4 oder GND8 entweder mit weichem, mittleren oder hartem Übergang in Echtzeit über den EVF oder das hintere LCD einstellt werden.
KI-Autofokus
Verbessert wurde an der Mark II außerdem die KI-Erkennung des Autofokus, der mithilfe von Deep-Learning-Technologien weiterentwickelt wurde und ein breites Spektrum von Motiven, erkennt. Bei der Mark II wurde der Gesichts- beziehungsweise Augenerkennungs-AF erheblich erweitert. Verbessert wurde so die Genauigkeit bei der Identifizierung von Personen, selbst wenn diese im Profil stehen, wegschauen oder durch verdeckte Gesichtszüge nicht erkennbar sind. Außerdem erkennt der KI-AF, wie schon beim Vorgängermodell, Rennwagen, Motorräder, Flugzeuge, Hubschrauber, Züge, Vögel und Tiere wie Hunde und Katzen.
Der AF der Mark II verfolgt Motive innerhalb des Bildes aber exakter und schneller als der der OM-1 und kann auch Details wie Fahrerhelme oder die Augen von Tieren tracken. Die Kamera erkennt bis zu acht Motive im Bildfeld, aus denen der Benutzer sein bevorzugtes Ziel auswählen kann. Die Konfiguration der Motiverkennungseinstellungen erfolgt über die Monitor-Funktionsanzeige.
Auflösung
Das Flaggschiff verfügt über die bekannte 5-Achsen- Bildstabilisation mit jetzt bis zu 8,5 Stufen, den 20-Megapixel-Live-MOS-Sensor der OM-1 mit Stacked BSI sowie deren TruePic-X-Bildprozessor.
Wem diese Auflösung zu schmalbrüstig erscheint, kann im High Res Shot-Modus 50 Megapixel aus der Hand und 80 Megapixel mit Stativ aufnehmen, was außerdem das Rauschen bei RAW-Aufnahmen mit 14 Bit um fast zwei ISO-Empfindlichkeitsstufen reduziert und gleichzeitig mehr Klarheit liefert.
Ergänzt werden diese Optionen durch ebenfalls computergestützte Fotografie-Funktionen wie Live Composite, bei dem helle Bereiche selektiv belichtet werden, und Focus Stacking, bei dem die Schärfentiefe erweitert werden kann.
Der verbesserte AWB-Algorithmus der OM-1 Mark II sorgt für eine lebendige Farbwiedergabe, die sich an unterschiedliche Lichtverhältnisse anpasst und so bei schwierigen Lichtverhältnissen wie Mischlicht exaktere Farbtöne liefert.
Mehr Speicher
Erweitert wurde außerdem der Speicher der OM-1 Mark II, der eine höhere Anzahl von Serienaufnahmen ermöglicht. Die Kamera verfügt zusätzlich über die Pro-Aufnahme-Funktion, die die Aufnahme bei halbem Drücken des Auslösers startet und ab dem Moment, in dem der Auslöser ganz gedrückt wird, die vorherigen Bilder aufnimmt und speichert. Die Mark II ermöglicht so die nachträgliche Aufnahme von ca. 99 Bildern – eine Steigerung gegenüber den 70 Bildern des Vorgängers OM-1.
Möglich sind normale Serienaufnahmen mit 120 Bildern pro Sekunde bis maximal 219 Bilder im JPEG-Format oder 213 Bilder im RAW-Format, allerdings nur mit AF/AE-Sperre. Das ist eine deutliche Verbesserung im Vergleich zu den etwa 92 Bildern pro Aufnahmeserie mit der OM-1. Mit AF/AE-Tracking sind mit der Mark II 50, 16,7 und 12,5 Bilder pro Sekunde möglich. Bei Serienaufnahmen mit 25 Bildern pro Sekunde oder weniger ist die minimale Verschlusszeit allerdings auf 1/160 s festgelegt.
Videofunktionen
Neu an der OM-1 Mark II ist die Möglichkeit, vertikale Videos aufnehmen zu können. Wie die OM-1 ermöglicht auch sie Videoaufnahmen unter anderem in 4K 60p für HD-Videos und High-Speed-Video für Full HD-Videos bei maximal 240p. Die Kamera unterstützt außerdem H.264 (8 Bit), H.265 (10Bit) und Multi Frame Rate für die Aufnahme von Videoclips mit einer Länge von mehr als 30 Minuten. Neben der Ausgabe von RAW-Daten mit bis zu 12 Bit 4:4:4 an externe Geräte für die Nachbearbeitung unterstützt die Kamera auch das Format OM-Log, das dank Farbkorrekturoptionen das Spiel mit Lichtern und Schatten ohne störende Über- oder Unterbelichtungen erlaubt. Der Videobildmodus HLG (Hybrid Log Gamma) eignet sich für die Aufnahme von HDR-Videos.
IP53-Gehäuse
Von verbesserten Griffflächen abgesehen, ist die OM-1 Mark II wie der Vorgänger für die härtesten Außenbedingungen konzipiert und verfügt über ein spritzwasser- und staubgeschütztes Gehäuse der Klasse IP53, das Temperaturen bis zu -10 °C standhält. Zahlreiche Dichtungen an kritischen Stellen des robusten, leichten Gehäuses aus einer Magnesiumlegierung gewährleisten einen zuverlässigen Betrieb auch unter rauen Bedingungen. Verbessert wurde auch die Griffigkeit der Einstellrad-Oberflächen durch die Verwendung von Elastomerverfahren.
Der Sucher besteht aus einem organischen EL (OLED) mit 5,76 Millionen Punkten und bietet eine Suchervergrößerung von 0,83x, eine Anzeigeverzögerung von 0,005 Sekunden und eine Bildwechselfrequenz von 120 Bildern pro Sekunde. Darüber hinaus verfügt er über eine Beschichtung, die die Bildung von Beschlag verhindert und ein klares Sichtfeld gewährleistet.
Wie bereits die erste Generation spiegelloser Systemkameras des Herstellers, verfügt auch die OM-1 Mark II über ein Staubreduzierungssystem, das die Ansammlung von Partikeln auf der Bildsensoroberfläche verhindert, sei es von internen Komponenten oder beim Objektivwechsel.
Neben der Unterstützung von UVC/UAC-Verbindungen zu PCs für die Verwendung von Webcams bietet die OM-1 Mark II viele weitere Detailverbesserungen. Optimiert wurde beispielsweise die Bedienbarkeit des Menüs auf der rechten Seite durch Zuweisung der Löschentaste als Menü-Kurzwahl, was besonders bei Verwendung eines Teleobjektivs von Vorteil ist. Ergänzt durch Zubehör wie den Akkuhalter HLD-10 und die drahtlose Fernbedienung RM-WR1 bietet das überarbeitete Flaggschiffmodell zusätzliche Funktionalität und Komfort.
Workspace
Die aktualisierte Workspace Bildbearbeitungssoftware bietet erweiterte RAW-Datenverarbeitungsfunktionen wie USB-RAW, die sowohl auf der Kamera als auch bei der Nachbearbeitung anwendbare Bearbeitungseinstellungen wie bei Anpassungen von Gradationskurve und Dehaze-Funktion ermöglichen. Darüber hinaus verfügt sie über eine KI-Rauschminderung, die speziell für die RAW-Verarbeitung entwickelt wurde.
Die OM-Steuerungssoftware Version 3.1 ermöglicht eine Bildübertragung über Wi-Fi im 5-GHz-Band und dient als Assistent bei Studioaufnahmen. Zudem kann die Kamera über USB mit Strom versorgt und gesteuert werden.
Die OI.Share-App () stellt eine Wi-Fi-Verbindung vom Smartphone zur Kamera her und ermöglicht ebenfalls die Übertragung von Aufnahmedaten und die Fernsteuerung. Bei der OM-1 Mark II kann OI.Share zur Aktualisierung der Firmware auf dem Kameragehäuse verwendet werden und ermöglicht es dem Benutzer, die Kameraeinstellungen zu sichern und wiederherzustellen.
Fazit
Während Panasonic mit der im November 2023 eingeführten LUMIX G9II einen MFT-Sensor mit 25,2 Megapixel herausgebracht hat, setzt die OM Digital Solutions Corporation weiterhin auf den bekannten mit schlanken 20-Megapixeln. Auch, wenn das in vielen Fällen durchaus ausreichend sein mag, haben sich Kameras mit größeren Sensorformaten deutlich davon abgesetzt und sind in der Preisklasse des neuen MFT-Flaggschiffmodells zu bekommen.
Der wesentliche Vorteil von MFT bleiben die deutlich kleineren und leichteren Objektive im Vergleich zu Vollformat, wovon vor allem Fotografen profitieren, die mit einer umfangreichen Ausrüstung mobil arbeiten. Natur- und Makrofotografen profitieren zusätzlich bei Telebrennweiten vom kleinen Sensorformat durch dessen Brennweitenverlängerungsfaktor beziehungsweise die größere Schärfentiefe im Nahbereich.
MFT wird daher durchaus seine Existenzberechtigung behalten, auch wenn in den letzten Jahren der Trend zu Kameras mit größeren Formaten deutlich war. Anders als der zweite Anbieter von MFT Kameras, Panasonic, hat OM zumindest bislang kein flankierendes System mit Vollformat im Sortiment und wird dies aller Wahrscheinlichkeit auch nicht ändern, sind hier die Marktführer Canon, Nikon und Sony deutlich dominierend und lassen allenfalls Platz für L-Mount-Kameras, die ein ebenso marken-übergreifendes System bilden, wie die im MFT-Standard.
Innerhalb dieses Biotops bietet die LUMIX G9II für rund 500 Euro weniger mehr Auflösung. Dafür nutzt die OM-1 Mark II die Möglichkeiten der computational photography konsequent aus, was interessante Funktionen ermöglicht. Was ihr definitiv fehlt, ist ein Schulterdisplay zur Anzeige der wichtigsten Funktionen, die bei ihr nur über das Menü auf dem rückseitigen Monitor aufrufbar sind oder im Sucher angezeigt werden.
https://explore.omsystem.com/de/de/