ZEPHYR – Raum für Fotografie in den Reiss-Engelhorn-Museen – erinnert ab dem 22. Januar 2023 mit ausgewählten Fotografien aus seinem Lebenswerk unter dem Titel „Apropos Visionär. Der Fotograf Horst H. Baumann“ an den deutschen Fotokünstler. Die Ausstellung ist bis zum 25. Juni 2023 im Museum Bassermannhaus und im neuen Museum Peter & Traudl Engelhornhaus zu sehen.
Der Fotograf Horst H. Baumann (1934 – 2019) zählte zu den Shooting-Stars seiner Generation. Schon in jungen Jahren mehrfach ausgezeichnet, avancierte der Autodidakt ab den 1960er Jahren zu einem in den gedruckten Medien omnipräsenten, höchst erfolgreichen Fotografen.
Vor allem seine Fotografien von Autorennen am Nürburgring, in Spa oder Le Mans machten Horst H. Baumann berühmt. Ab Mitte der 1960er Jahre wandte er sich multimedialen Projekten zu, speziell der Laserkunst, mit der er sich beispielsweise 1977 auf der documenta 6 in Kassel präsentierte. Bis heute leuchtet der grüne Laserstrahl regelmäßig als nächtliches Wahrzeichen der hessischen Kunstmetropole. Auch der nach wie vor aktive Licht-Zeit-Pegel am Düsseldorfer Rheinturm geht auf sein Ideenkonto. Konsequent ab Ende der 1960er Jahre hat sich Baumann mit Multivisionen, Lichtinstallationen oder temporären Architekturen beschäftigt, während sein Beitrag zur deutschen Fotografie der 1950er und 1960er Jahre weitgehend in Vergessenheit geraten ist. Tatsächlich ist die Die Ausstellung von Hans-Michael Koetzle kuratierte Ausstellung in Mannheim die überhaupt erste Retrospektive, die sich dem gesamten fotografischen Schaffen Baumanns widmet. Begleitend zur Ausstellung erscheint ein Fotobuch im Steidl Verlag, Göttingen.
Die Ausstellung zeigt etwa 400 ausgewählte Werke aus dem künstlerischen Nachlass des Fotografen. Als Horst H. Baumann 2019 verstarb, übergab seine Tochter den gesamten bildnerischen Nachlass zur Bearbeitung und für diese Präsentation an ZEPHYR – Raum für Fotografie in den Reiss-Engelhorn-Museen in Mannheim. Er umfasst ca. 3.500 Schwarz/Weiß-Fotografien, ca. 750 Farbabzüge, ungezählte Dias und zahlreiche Dokumente, Zeitschriften und Bücher.
Was Baumanns frühe Schwarzweiß-Fotografie auszeichnet, ist ein hohes Maß an Empathie und sein ehrliches Interesse an sozialen Themen. Kinder beim Spiel, Volksfeste oder Karnevalsumzüge, Industriearbeit oder religiöse Feste sowie Prominentenporträts (Juliette Gréco, Ursula Andress, Jane Fonda, Chris Howland) gehörten zu seinen frühen Themen. Zugleich machte er sich auf die Suche nach einem eigenen Ausdruck in der Kamerakunst, nach einer Bildästhetik im Geist eines, wie man heute sagen würde, „subjektiven Dokumentarismus“. Noch das vermeintlich banalste Sujet wusste Baumann durch den gezielten Einsatz partieller Schärfe, durch kühne An- oder Ausschnitte, dynamische Perspektiven oder ein Spiel mit Vorder- und Hintergrund in ein formal-ästhetisch überzeugendes Bild zu übersetzen. Sein Ansatz wirkte frisch, neu und überraschend distanzierte sich vom eher journalistischen Zugriff seiner Zeitgenossen. Hinzu kam sein frühes Interesse an der Farbe, die Baumann schnell als weitere künstlerische Herausforderung begriff, was bereits Anfang der 1960er Jahre bemerkt wurde und auch international Anerkennung fand. Ganz im Sinne von „New Color“ fotografierte Baumann nicht einfach farbig, er dachte die Farbe und nutzte sie als Stil- und Ausdrucksmittel. Damit zählt er, wohlgemerkt rund anderthalb Jahrzehnte vor William Eggleston oder Stephen Shore, zu den Pionieren einer künstlerischen Farbästhetik. Am bekanntesten sind sicher seine Bilder aus der Welt der Formel 1. Weiterhin werden in der Ausstellung bis dato unbekannte freie Farbarbeiten gezeigt, die einmal mehr sein waches Auge, seine Experimentierfreude sowie seinen überlegten Umgang mit dem Medium Farbe unterstreichen.