Die australische Künstlerin Emma Summerton tritt in die Fußstapfen von Größen wie Avedon, Newton und Leibovitz und hat die 49. Ausgabe von The Cal im Juni an drei Tagen intensiver Arbeit in New York und anschließend im Juli während eines Tages in London fotografiert.
„The Cal“ zu fotografieren, einen der prestigeträchtigsten Aufträge in der Profifotografie, war für Summerton ein jahrzehntelanger Traum. Zumal sie Sarah Moon, die erste Frau, die für Pirelli fotografierte, als frühe Inspiration nennt.
„Love Letters to the Muse“
Der Titel des Pirelli Kalenders 2023 lautet „Love Letters to the Muse“. Die Ausgabe präsentiert einige der weltweit bekanntesten Models. Das Konzept konzentriert sich auf die Musen, imaginäre und archetypische Figuren, welche die Fotografin im Laufe ihres Lebens inspiriert haben, von ihrer Mutter bis hin zu Sängerinnen, Schauspielerinnen, Künstlerinnen, Schriftstellerinnen, Aktivistinnen, Malerinnen und vielen anderen.
„Ich bin auf Emma Summertons Arbeit aufmerksam geworden, weil ihre Bilder eine traumhafte und magische Welt darstellen, die sehr reich an Farben und Fantasie ist“, so Marco Tronchetti Provera, Pirelli Executive Vice Chairman und CEO. Die in London und New York lebende Fotografin ist für ihren unverwechselbaren Stil und ihre dramatischen Vogue-Cover bekannt. Aktuell ist sie eine der gefragtesten Fotografinnen in der Modebranche.
Emma Summerton, die an der National Art School in Sydney Bildende Kunst studiert hat, kombiniert ihre Kreativität mit ihrem technischen Know-how und ihrer Liebe zur Mode. Sie machte Aufnahmen für die britische, deutsche, australische, italienische, spanische, japanische und chinesische Vogue, i-D, Dazed & Confused und Nylon. Zu ihren Werbekunden gehören Yves Saint Laurent, Miu Miu, Dior und Sony Music. Im Laufe ihrer Karriere fotografierte Summerton Musikstars wie Rihanna, Taylor Swift und Katy Perry sowie die Schauspieler George Clooney, Nicole Kidman und Carey Mulligan.
Summerton zog 1998 nach Großbritannien, nachdem sie als Assistentin eines Fotografen in Sydney gearbeitet hatte. In London assistierte sie der für den Turner-Preis nominierten Künstlerin Fiona Banner und unterstützte sie bei den Aufnahmen von Fotografien für Banners erstes Buch. Aufgrund der inspirierenden Bilder der Vogue Italia unter der Leitung von Franca Sozzani verliebte sie sich in die Modefotografie.
„Ich sah die italienische Vogue und es waren, wow, Paolo Roversis Bilder, Sarah Moons Bilder, Steven Meisels Bilder, Peter Lindberghs Bilder, das war Kunst“, sagt sie. Ihr Traum, für diese Zeitschrift zu arbeiten, erfüllte sich, nachdem Edward Enninful sie unter seine Fittiche genommen hatte, damals ein aufstrebender Modedirektor und heute Chefredakteur der britischen Vogue.
Eine weibliche Sichtweise
Summerton hat die Beziehung zwischen Modell und Fotografin immer als eine synergetische Beziehung gesehen, als eine lebendige Partnerschaft, die in das Bild einfließt. Sie möchte erfahren, wer die Frauen auf ihren Bildern sind. Ihre Fotografien werden als skurril, sorgfältig ausgearbeitet und erfinderisch beschrieben. Sie vermischen Fantasie und Realität. „Ich liebe es, Frauen zu fotografieren und sie [als] stark, aber auch sexy, mächtig und bisweilen ein wenig seltsam zu zeigen“, sagt Summerton, deren Arbeiten international ausgestellt wurden.
Eine Expertin, die sich für ihre Arbeit eingesetzt hat, ist die Schweizer Kunstsammlerin Nicola Erni. Sie besitzt eine der weltweit größten Privatsammlungen von Modefotografie, darunter Werke von Richard Avedon, Inez van Lamsweerde, Peter Lindbergh, Sarah Moon, Helmut Newton, Paolo Roversi und Mario Testino. Sie beschrieb Summertons Arbeit als versehen „mit einem Hauch von etwas Unerwartetem, einer eigenen Handschrift… fast wie eine ‚Pop-Art- Auffassung der Fotografie‘ als Medium.“
Seit den Anfängen des Kalenders wurden viele der berühmtesten Fotografen der Welt mit den Aufnahmen beauftragt, darunter Norman Parkinson, Herb Ritts, Helmut Newton, Peter Beard, Mario Testino und Patrick Demarchelier.
Summerton ist erst die die vierte Frau unter den insgesamt 39. Fotografen, die den Kalender bisher erstellt haben: „Ich habe immer gedacht, dass ich gerne mehr Frauenperspektiven in dieser Welt sehen würde“. Sarah Moon war 1972 die erste Frau, die für einen Pirelli Kalender fotografierte, gefolgt von Joyce Tenneson im Jahr 1989. Inez van Lamsweerde fotografierte den Cal mit ihrem Partner Vinoodh Matadin 2007. Annie Leibovitz stand bereits zweimal hinter der Kamera, 2000 und 2016.
In den frühen 1970er Jahren wurde Moon zugeschrieben, dass sie mit ihren zeitlosen, verträumten, „authentisch weiblichen“ Bildern das Pin-up-Gefühl des Pirelli Kalenders auf den Kopf stellte.
„Sarah Moon war eine der ersten Kunstfotografinnen, deren Modearbeiten ich sah und dachte, Modefotografie könnte etwas Erhabenes und Kreatives sein. Etwas, bei dem man Aufnahmen machen kann, die nicht nur einen Monat lang in einer Zeitschrift zu sehen sind, sondern ein Leben darüber hinaus haben“, so Summerton.
Siebzehn Jahre nach Moon zeigte Tenneson in ihrem Kalender zum Thema Tierkreiszeichen teilweise nackte Frauen in Bildern, die eher an Figuren aus der klassischen Mythologie als an Sexsymbole erinnern. Im Jahr 2000 wählte Leibovitz moderne Tänzerinnen zusammen mit der olympischen Athletin Jacqui Agyepong und den Models Laetitia Casta und Alex Wek für einen Kalender, der die Kraft der weiblichen Form feiert.
Das niederländische Modefotografen-Duo van Lamsweerde und Matadin lichtete fünf ikoni- sche Schauspielerinnen in einer Serie authentischer Schwarz-Weiß-Porträts ab, darunter die 72-jährige Sophia Loren, die bislang älteste Frau, die für den Kalender posiert hat. 2016 kehrte Leibovitz zurück, um das Regelwerk zu sprengen, indem sie 13 Frauen porträtierte, die für ihre Leistungen in Bereichen wie Kunst, Sport, Philanthropie und Wirtschaft bekannt sind. Darunter waren Yoko Ono, Kathleen Kennedy, Ava DuVernay, Serena Williams und Amy Schumer.
Die Präsentation der „Liebesbriefe an die Muse“ wird wie üblich im Herbst stattfinden.
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