In ausgewählten Programmkinos läuft aktuell das Biopic DIE BILDERKRIEGERIN über die Bildjournalistin Anja Niedringhaus, die 2014 in Afghanistan einem Anschlag zum Opfer gefallen ist. Der Regisseur Roman Kuhn erzählt in seinem mitreißenden Film, wie aus einer zunächst wenig erfahrenen Fotografin eine der besten Fotojournalistinnen ihrer Generation wird. Antje Traue spielt Anja Niedringhaus (1965-2014) als leidenschaftliche und todesmutige Wahrheitskämpferin, die mit ihren Bildern aus den Kriegsgebieten immer ganz dicht an den Menschen bleibt und die Welt zum Besseren verändern will. Ein Film von erschreckender Aktualität.
Anja Niedringhaus ist 26 Jahre alt, als der Krieg in Jugoslawien ausbricht. Ein Krieg mitten in Europa. Hartnäckig bearbeitet sie den Chef ihrer Agentur, der European Pressphoto Agency: Sie muss als Fotografin dorthin! Wenige Wochen später besteigt Anja eine Transall-Maschine der Uno. Ihr Ziel: Sarajewo. Sie ist wild entschlossen, das Foto zu schießen, das den Krieg beenden wird. Aber erst einmal wird sie mit der harten Wirklichkeit in der belagerten Stadt konfrontiert. Es ist bitterkalt, es gibt keinen Strom, kaum Nahrung, und jeder in dieser Stadt ist ständig in Lebensgefahr durch die Sniper, die selbst auf spielende Kinder schießen. Die meisten von Anjas männlichen Kollegen glauben, dass „das Mädchen“ bei der nächsten Gelegenheit diese Hölle wieder verlässt. Aber Anja bleibt, mit Unterbrechungen fast drei Jahre. Der spanische Fotograf Sergio nimmt sie unter seine Fittiche. Er bringt ihr die Regeln des Überlebens in einem Kriegsgebiet bei. Anja dokumentiert Schreckliches, lernt zu improvisieren und behält trotz des sie umgebenden Leids ihre positive Ausstrahlung. Aus der naiven, jungen Frau wird eine der besten Fotojournalistinnen ihrer Generation.
Nach Sarajewo geht Anja in den umkämpften Kosovo. Sie fotografiert die flüchtenden Menschen, die Vertreibung, und kümmert sich um ein einjähriges Mädchen, das allein zurückbleibt. Mit einer Fotoreportage initiiert sie eine Spendenaktion und sorgt dafür, dass das Kind eine Familie findet. Zurück in Deutschland will Anja ihre berufliche Zukunft überdenken. Sie ist auch eine gefragte Sportfotografin. In diese Unsicherheit platzt im Jahr 2001 ein Ereignis, das Anja die Entscheidung abnimmt: 9/11. Sofort fliegt sie nach New York, kurz darauf ist sie schon in Afghanistan und Kuwait. Sie wechselt zu Associated Press (AP). Anjas Fotos vom Krieg landen auf den Titelseiten der großen Zeitungen in aller Welt.
Als die USA im Frühjahr 2003 im Irak einmarschieren, ist Anja von Anfang an dabei. Sie dokumentiert als Einzige den streng geheimen Truppenbesuch von Präsident Bush zu Thanksgiving. Auch Sergio ist im Irak. Die beiden haben eine Affäre, sind aber auch Konkurrenten. Den Traum von einer eigenen Familie hat Anja mittlerweile aufgegeben. Stattdessen kümmert sie sich, wenn sie in Deutschland ist, um die Kinder ihrer Schwester Gide.
Obwohl Anja Vorbehalte dem Militär gegenüber hat, begleitet sie im Rahmen einer Embedded-Mission die amerikanischen Streitkräfte. Es wird einer ihrer gefährlichsten Einsätze und verändert ihren Blick auf die jungen Soldaten, die aus unterschiedlichsten Gründen beim Militär gelandet sind. Aus der umkämpften Stadt Fallujah entkommt sie nur knapp, viele der Soldaten sterben. 2005 wird ihr fotografischer Einsatz im Irak mit dem renommierten Pulitzer Preis geehrt, dem Oscar für Fotografen. Ein Leben in Deutschland kann sich Anja nicht mehr vorstellen, auch wenn sie Gide und deren Kindern immer wieder besucht und dort versucht, die erlebten Schrecken zu verarbeiten. Bei einem Einsatz in Afghanistan wird sie 2010 verletzt, aber auch das hält sie nicht davon ab zurückzukehren. „Wenn ich es nicht fotografiere, wird es nicht bekannt.“ Das ist ihr Credo: den vielen anonymen Opfern ein Gesicht verleihen und damit die Welt aufrütteln.
In Kabul trifft Anja auf die AP-Chefkorrespondentin Kathy Gannon. Die beiden Frauen sind aus dem gleichen Holz geschnitzt und bilden schnell ein unzertrennliches Team. Afghanistan mit seinen atemberaubenden Landschaften und faszinierenden Menschen beeindruckt beide gleichermaßen. 2014 während der Präsidentschaftswahlen wollen sie in der Provinz von der mutigen Bevölkerung berichten, die trotz Bedrohung durch die Taliban wählen geht. Anja hat schon das Bild der Menschen vor Augen, die von den Bergen in die Ebene kommen, um ihre Stimme abzugeben. Sie wird es nicht mehr realisieren können, denn in einer gut bewachten Polizeistation eröffnet plötzlich ein Offizier das Feuer auf die beiden Frauen. Anja ist sofort tot, Kathy überlebt schwer verletzt und ist bis heute gezeichnet und in ärztlicher Behandlung.